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Art. 199.
Um den Beschuldigten zu Geständnissen, zu dem Zurückkommen auf solche oder zu
andern Angaben zu bewegen, dürfen weder Versprechungen oder Vorspiegelungen, noch
Drohungen oder andere Zwangsmittel angewendet werden.
Verweigert der Beschuldigte die Antwort auf einzelne Fragen oder alle Antwort,
sei es geradehin oder dadurch, daß er ein natürliches Unvermögen vorspiegelt, oder
nimmt er Lügen zu Hilfe, so hat sich der Untersuchungsrichter darauf zu beschränken,
denselben auf die längere Dauer des Verfahrens als Folge eines solchen Benehmens
und auf den Einfluß hinzuweisen, den es bei der Entscheidung insbesondere auch durch
Erschwerung der Vertheidigung zu äußern geeignet sei.
Art. 200.
Weichen spätere Angaben des Beschuldigten von früheren ab, widerruft er insbeson-
dere Geständnisse, so ist er über die Veranlassung zu den Abweichungen und über die
Gründe seines Widerrufs zu befragen.
Art. 201.
Gegenüberstellungen von Beschuldigten unter sich oder eines Beschuldigten mit Zeu-
gen sollen im Vorverfahren nur stattfinden, wenn die Besorgniß entsteht, daß Mitschuldige
oder Zeugen bei der Hauptverhandlung nicht werden erscheinen können, oder wenn die
Identität der Person des Beschuldigten oder einer andern Person festzustellen ist.
Auch kann jener die Maaßregel im Interesse seiner Vertheidigung fordern.
Art. 202.
Bei der Vernehmung von Beschuldigten, welche der deutschen Sprache nicht kundig,
stumm oder taub oder taubstumm sind, kommen die Vorschriften in Art. 155 und 165
zur Anwendung.
Art. 203.
Der Beschuldigte soll, auch wenn er verhaftet ist, bei seiner Vernehmung in der
Voruntersuchung und während der ganzen Hauptverhandlung ungefesselt sein.
Der Untersuchungsrichter oder das erkennende Gericht können jedoch die Anlegung
von Fesseln verordnen, wenn dieß wegen besonderer Gefährlichkeit des Beschuldigten
oder wegen Gefahr der Flucht geboten erscheinen sollte.
Ar#tl. 204.
Machen sich Zweifel geltend, ob nicht bei dem Beschuldigten eine Seelenstörung