Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

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Art. 317. 
Kein erheblicher Umstand und kein Beweismiltel darf bloß aus dem Grunde un- 
berücksichtigt bleiben, weil dem Beschuldigten oder dem Staatsanwalt davon nicht vor 
der Verhandlung oder nicht frühzeitig genug Kenntniß gegeben worden ist. Es muß 
aber seitens des Gerichts die Vertagung verordnet werden, wenn solche zur besseren Vor- 
bereitung der Vertheidigung oder der Ueberführung, namentlich zu Ermittlung der Glaub- 
würdigkeit von Zeugen oder Sachverständigen, nothwendig erscheint. 
Art. 318. 
Der Verzicht auf die Erhebung eines Beweismittels hat keine Wirkung „wenn er 
nicht übereinstimmend von dem Staatsanwalt und dem Beschuldigten erklärt wird; selbst 
in diesem Fall kann ihn das Gericht unberücksichtigt lassen. 
Art. 319. 
Die Verhandlung darf, die in Art. 220 Abs. 2 und in Art. 320 vorgesehenen Fälle 
ausgenommen, nicht durch fremdartige Geschäfte unterbrochen werden, sie kann nach dem 
Ermessen des Gerichts auch an einem Sonn= oder allgemeinen Feiertage vorgenommen 
oder fortgesetzt werden, wenn besondere Umstände dieß nothwendig machen. 
Zu der den Mitwirkenden nöthigen Erholung darf der Vorsitzende eine Unterbrechung 
verfügen. 
Art. 320. 
Wird es durch die Verhandlung wahrscheinlich gemacht, daß ein im Laufe derselben 
vereideter Zeuge wissentlich falsch ausgesagt habe, und beharrt derselbe geeigneter Ver- 
warnung ungeachtet bei seiner Aussage, so kann das Gericht auf den Antrag des Staats- 
anwalts oder des Beschuldigten, aber auch von Amtswegen, einen Haftbefehl gegen jenen 
erlassen und die Untersuchung wegen Meineids vor den zuständigen Untersuchungsrichter 
verweisen (vergl. übrigens Art. 360). Anträge auf gerichtliche Verfolgung der Verdäch- 
tigen dürfen erst nach Vollendung des Beweiseinzugs gestellt werden, es wäre denn von 
Verschiebung der Haftnahme Vereitlung des Zwecks zu besorgen. 
Zugleich kann solchenfalls mit Rücksicht auf die Bedeutung des Zeugnisses die Ver- 
tagung der Hauptsache beschlossen werden. 
Art. 321. 
Wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte That, sei es schon wie dieselbe im 
Verweisungs= oder Anklagebeschluß bezeichnet oder bei oberamtsgerichtlichen Strafsachen
	        
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