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des Berufenen (Art. 172) abstehen, wenn ihm dieß nach der Persönlichkeit des letzteren,
der Beschaffenheit der Sache und den sonstigen Umständen zulässig erscheint und der
Staatsanwalt keine Einsprache erhebt.
Auch ist das Gericht unter den gleichen Voraussetzungen befugt, die Vorlesung des
schriftlichen oder zu Protokoll abgegebenen Gutachtens an die Stelle der mündlichen Ver-
nehmung treten zu lassen.
Art. 410.
Findet das Oberamtsgericht, daß nach der Beschaffenheit der dem Beschuldigten zur
Last gelegten strafbaren Handlung oder nach der Größe der wider ihn zu erkennenden
Strafe die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Stufe begründet sei, so ist durch Ver-
mittlung des Staatsanwalts der Raths= und Anklagekammer Vorlage zu machen.
Wird von der Raths= und Anklagekammer die Sache an das Oberamtsgericht zurück-
verwiesen, so hat Letzteres sich der Aburtheilung zu unterziehen.
Art. 411.
Die Endurtheile der Oberamtsgerichte müssen, soweit durch solche der Beschuldigte
der ihm zur Last gelegten Handlung mit ihren erschwerenden Umständen schuldig befun-
den werden soll (Art. 400), bei Vermeidung der Nichtigkeit mit der Mehrheit von 4 Stim-
men beschlossen werden.
Art. 412.
Ist keine Voruntersuchung vorausgegangen, so kommt bei Abfassung des Protokolls
über die Hauptverhandlung die Vorschrift in Art. 226 Abs. 1 zur Anwendung.
In das Protokoll ist das Erkenntniß aufzunehmen; einer besonderen Ausfertigung
des letzteren bedarf es nicht.
Privatanklage.
Art. 413.
In den vor die Oberamtsgerichte gehörigen Fällen von Ehrenkränkung und Ver-
läumdung, sowie der nach Art. 261, 263 Ziff. 4 des Strafgesetzbuchs zu bestrafenden
Körperverletzung ist es dem Verletzten oder demjenigen, welcher statt desselben den An-
trag auf Bestrafung gestellt hat, gestattet, die Vertretung der Anklage in der Haupt-
verhandlung zu übernehmen.
Die dießfällige Erklärung ist bei der Stellung des Antrags auf Bestrafung abzu-
geben. Sie wird noch berücksichtigt, wenn sie später, aber vor der Vorladung zur Haupt-
verhandlung einkommt.