Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

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Artikel 30. 
Von den Gerichten und deren Vorständen, von den letzteren in den Sachen, welche 
ihrer ausschließlichen Verfügung unterstellt sind, kann muthwilliges Streiten und Miß- 
brauch von Rechtsmitteln mit Verweis oder Geldbuße bis zu 50 fl. oder Gefängniß bis 
zu acht Tagen, zutreffenden Falls mit einer entsprechenden Schärfung einer bereits ver- 
wirkten Freiheitsstrafe, gerügt werden. 
Die Gerichte, beziehungsweise deren Vorstände, sind befugt, gegen Parteien, Be- 
schuldigte, deren Vertreter und Beistände, sowie gegen Zeugen und Sachverständige we- 
gen Ungehorsams gegen ihre gesetzmäßigen Anordnungen, wegen Lügen und ungebühr- 
licher Aeußerungen und Handlungen Disciplinarstrafen zu erkennen. Kommen Verfeh- 
lungen dieser Art gegenüber von Beamten der Staatsanwaltschaft vor, so haben sich 
diese an das Gericht, bei welchem sie thätig sind, zu wenden und demselben die Straf. 
verfügung zu überlassen. 
Hinsichtlich der Strafgewalt der Oberamtsgerichte, der Kreisgerichtshöfe und des 
Obertribunals kommen die Art. 1. 7. 9 des Polizeistrafgesetzes zur Anwendung. 
Die Strafgewalt der Ortsgerichte und deren Vorstände ist in den Fällen des ersten 
und zweiten Absatzes durch das Verwaltungsedikt vom 1. März 1822, §§. 15. 16 be- 
stimmt. Reicht diese Strafgewalt nicht aus, so werden Verfehlungen gegen die Orts- 
vorsteher und Gemeinderäthe oder deren Hülfsbeamte von dem Oberamtsgericht ab- 
gerügt. 
Durch vorstehende Bestimmungen werden die Vorschriften der Prozeßgesetze bezüglich 
der Verhängung von Ordnungsstrafen in einzelnen Arten von Fällen und der Zustän- 
digkeit hiezu nicht berührt. 
Arlikel 31. 
Gegen die in Gemäßheit des Art. 30 erkannten Strafen kann, vorbehältlich der 
besonderen Bestimmungen der Civilprozeßordnung Titel AXXXVI eine einfache Be- 
schwerde bei der nächst vorgesetzten Behörde nach Maßgabe der Art. 421—440 der Straf- 
prozeßordnung mit aufschiebender Wirlung angebracht werden. Nur wenn die Aufrecht- 
haltung des obrigkeitlichen Ansehens sofortige Ahndung verlangt, ist die Strafe bis zu 
drei Tagen alsbald vollstreckbar.
	        
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