388
Art. 16.
Soweit die im Strafgesetzbuch für das deutsche Reich bedrohten Uebertretungen nicht
in Art. 15 den Gerichten zugewiesen sind, steht ihre Untersuchung und Aburtheilung
bis auf Weiteres den für die Verwaltungsstrassachen zuständigen Behörden zu.
Diese Behörden sind außerdem zur Untersuchung und Aburtheilung der in §. 147
der Reichs-Gewerbe-Ordnung vom 21. Juni 1869 mit Strafe bedrohten Vergehen zu-
ständig. "
Wegen Verfehlungen gegen die Finanz= und Forstgesetze sind die Gerichte, wie bis-
her, nur dann zuständig, wenn die Strafgewalt der Finanzbehörden nicht mehr aus-
reicht.
Hat dieselbe Person außer einer den Gerichten zugewiesenen strafbaren Handlung
eine zur Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gehörende strafbare Handlung begangen
(§§. 74—78 des deutschen Strafgesetzbuchs), so wird hiedurch an der Zuständigkeit für
letztere auch in anderen als in den nach Abs. 3 zu beurtheilenden Fällen nichts geändert.
Der Art. 21 der Strafprozeßordnung vom 17. April 1868 ist aufgehoben.
Art. 17.
Liegen in einem nicht vor die Oberamtzgerichte gehörigen Straffalle ge-
gen den nämlichen Beschuldigten mehrere strafbare Handlungen vor und fällt ein Theil
derselben dergestalt in das Gewicht, daß die Feststellung der übrigen voraussichtlich keine
Erhöhung der Strafe zur Folge haben würde, so kann die Verfolgung derselben einst-
weilen ruhen bleiben.
Hierüber beschließt auf den Antrag des Staatsanwalts der Untersuchungörichter,
im Falle der Meinungsverschiedenheit aber die Raths= und Anklagekammer.
Ueber die Wiederaufnahme der vorläufig eingestellten Verfolgung hat spätestens
nach rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens wegen desjenigen Theils der Beschuldi-
gungen, in Absficht auf welchen dasselbe fortgesetzt wurde, die Raths= und Anklagekam-
mer auf den Antrag der Staatsanwaltschaft Beschluß zu fassen.
Art. 18.
Die Vorschrift des Art. 207, Ziff. 1, lit. b und des Art. 450, Ziff. 2 der Straf-
prozeßordnung vom 17. April 1868 findet nur dann Anwendung, wenn es sich um eine
Zuchthausstrafe von mehr als vier Jahren oder um eine höhere Strafe handelt.