Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1872. (49)

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8. 1. 
Die zur Vollziehung des Absatzes 2 des §. 38 und der Ziffer 1 und 2. des §.39 
des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich berufenen höheren Landespolizeibehörden 
sind die Kreisregierungen. 
Für die Zuständigkeit im einzelnen Falle ist in erster Linie der Wohnsitz des Ver- 
urtheilten maßgebend, im Falle des Mangels eines Wohnsitzes aber die Heimathge- 
meinde und bei einem keiner Gemeinde angehörenden Württemberger oder einem Nicht- 
württemberger der Sitz des erkennenden Gerichtes. 
Gegen eine die Stellung unter Polizeiaufsicht anordnende Verfügung der Kreis- 
regierung ist eine Beschwerde bei dem Ministerium des Innern zuläßig, jedoch ohne 
aufschiebende Wirkung. 
Wird übrigens die Beschwerde darauf gestützt, daß die Kreisregierung die Polizei- 
aufsicht verfügt habe, ohne hiezu durch ein gerichtliches Erkenntniß auf Zuläßigkeit von 
Polizeiaufsicht ermächtigt zu sein, so findet der Art. 505 der Strafprozeßordnung An- 
wendung, da es sich in diesem Falle von der Vollstreckung eines gerichtlichen Urtheils 
haudelt. 
8. 2. 
Von der Kreisregierung ist die Stellung unter Polizeiaufsicht anzuordnen, wenn 
nach der Beschaffenheit des verübten Verbrechens oder Vergehens und nach der Persön- 
lichkeit des Thäters von ihm die Gefährdung der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit 
oder der Sittlichkeit zu besorgen ist. 
8. 3. 
Die Verwalter der Strafanstalten haben in Betreff derjenigen Gefangenen, bei 
welchen auf Zuläßigkeit einer Polizeiaufsicht erkannt ist, einige Zeit vor ihrer Entlassung 
aus der Anstalt nach vorgängiger Berathung in der Conferenz gegen das Oberamt des 
Wohnsitzes, beziehungsweise der Heimathgemeinde des betreffenden Gefangenen, oder bei 
einem keiner Gemeinde angehörenden Württemberger oder einem Nichtwürttemberger 
gegen die zuständige Kreisregierung (§. 1 Abs. 2) gutächtlich darüber sich zu äußern, 
ob Polizeiaussicht zu verfügen oder hievon abzustehen sein dürfte. 
Von dem Oberamt ist das Gutachten der Strafanstaltsverwaltung nach Einziehung 
der etwa erforderlichen weiteren Erkundigungen, insbesondere bei der Ortsbehörde über
	        
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