208
Mit der Entlassung aus der Schule hört die Verpflichtung zu Unterstützung von
Kindern auf, wenn es diesen möglich ist, durch Eintritt in einen Dienst, eine Gewerbe-
lehre oder ein sonstiges Arbeitsverhältniß sich ihren Unterhalt selbst zu verschaffen; es
bildet jedoch eine besondere Obliegenheit der Armenbehörden durch entsprechende Be-
rathung und Thätigkeit für die Vermittlung eines derartigen Unterkommens zu sorgen.
Soferne Kinder zu dieser Zeit aus besonderen Gründen z. B. wegen zurückgeblie-
bener Entwicklung oder wegen Gebrechen noch nicht in der Lage sind, ohne Beihilfe sich
ihren Unterhalt selbst zu erwerben, sind sie über den gedachten Zeitpunkt hinaus zu
unterstützen, wobei auch auf spätere Erlangung der Fähigkeit derselben zu eigener Er-
werbung ihres Unterhalts Rücksicht zu nehmen ist.
§. 2.
In welcher Art die Armennnterstützungen zu reichen sind, bleibt wie bisher dem
Ermessen der Armenbehörden überlassen, da dieß nur unter Berücksichtigung der Ver-
hältnisse der einzelnen Fälle bestimmt werden kann. Im Allgemeinen ist davon auszu-
gehen, daß Naturalgaben, wie die Verabreichung von Lebensmitteln, Brennmaterial,
Kleidern, Betten u. s. w., sowie die Uebernahme von Miethzinsen sich mehr empfehlen,
als die Verabreichung von Gaben in baarem Gelde, und daß letztere überall auszu-
schließen sind, wo sich ein Mißbrauch derselben befürchten läßt.
Die Unterbringung in einem Armenhaus oder die Anweisung von Arbeiten inner-
halb oder außerhalb eines solchen Hauses, welche den Kräften des Hilfsbedürftigen ent-
sprechen, ist vorzugsweise dann zu wählen, wenn es sich um die Unterstützung von
arbeitsfähigen Personen handelt, bei denen Grund zu der Annahme vorliegt, daß die
Hilfsbedürftigkeit durch Arbeitsscheue hervorgerufen sei.
Wer auf Grund des Art. 1 Abs. 2 in einem Armenhause untergebracht ist, darf, wenn
er auf die Unterstützung verzichtet, in demselben zwangsweise nicht zurückgehalten werden.
Gegen Personen, welche aus öffentlichen Armenmitteln Unterstützung empfangen,
sich aber aus Arbeitsscheu weigern, die ihnen von der Behörde angewiesene, ihren Kräf-
ten angemessene Arbeit zu verrichten, ist strafrechtliche Verfolgung auf Grund des
§. 361 Ziff. 7 des deutschen Strafgesetzbuchs zu veranlassen; in gleicher Weise ist gegen
solche Personen einzuschreiten, welche auf die Unterstützung verzichtet haben, aber unter-
lassen, binnen der ihnen gesetzten Frist sich ein anderweitiges (ihnen den nothwendigen
Unterhalt gewährendes) Unterkommen zu verschaffen. (D. St. G. Buch §. 361 Ziff. 8).