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wird, wenn gleich der verletzte Theil auch noch so weit von der Hand entfernt wärẽ,
oder daß die Haare eines wüthenden Hundes auf die Wunde gelegt werden.
Solches Verfahren kann nie nützen, und der leichtglaubige Mensch, der dasselbe für
untrüglich hält, bleibt, indem er den geeigneten Zeitpunkt zu einer richtigen Behandlung
versäumt, der Gefahr, von der Wasserschen befallen zu werden, ausgesetzt.
§. 23.
Sollte bei einem vor kürzerer oder längerer Zeit von einem wüthenden Thiere ver-
letzten Menschen, namentlich in Folge des zu spät oder unvollständig und nicht mit der
nöthigen Ausdauer angewandten Vorbeugungs-Verfahrens, die Wasserscheu (Hydro“
phobie) ausbrechen, so ist augenblicklich der Arzt herbeizuholen, und dem Ungluck
lichen jede erdenkliche Hülfe zu leisten, hiebei jedoch zu beachten, daß alle Anordnungen
auf die schonendste Art für den Kranken getroffen werden, und daß durch theilnel-
mendes und furchtloses Benehmen bei Bewachung und Verpflegung desselben, jed
Veranlassung, die ihn in Angst und Besorgniß versetzen, und die dieser Krankheit eigen
thümlichen Krampf- und Wuth-Anfälle hervorbringen könnte, entfernt werde. Der Zu-
tritt von unberufenen und neugierigen Zuschauern ist nicht zu gestatten. Ebenso-
wenig aber darf der Kranke auch nur einen Augenblick sich selbst überlassen bleiben, viel
mehr ist derselbe mit verständigen und über ihre Leistungen durch den Arzt wohl unter-
richteten Wärtern zu versehen. Diese sind insbesondere anzuweisen, die Furcht, in
welcher der Kranke sich befindet, durch freundliches Zusprechen und durch kluger
und ruhiges Benehmen zu mildern und zu beseitigen, ihm Ruhe zu empfehlett
und diese so viel als möglich durch thätige Unterstützung zu verschaffen, und selbst bei
den, meistens nur kurze Zeit dauernden, Wuthanfällen ihm so viel Freiheit des Kör
pers zu gestatten, als zur Sicherung desselben und anderer Menschen zulässig ist
Insbesondere ist es verwerflich, solche Unglückliche, wie es noch hie und da der Fol
war, mit Stricken in das Bett zu fesseln, oder ihnen die englische Zwangsjack.
anzulegen, durch welches Verfahren der an sich schon qualvolle Zustand solcher Unglück
lichen durch Steigerung der großen Athemsnoth, in welcher sie sich in ihren Paroxismes
befinden, nur noch vermehrt werden muß. =
Würde aber ausnahmsweise eine Befestigung des Kranken für nöthig erachtet, jo
dürfte diese nur mit Schonung und Vorsicht, etwa durch leinene Tücher, ge-