Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1882. (59)

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8. 7. 
Solche Versuche haben den Zweck, das Erloschensein der Empfindlichkeit, das Auf- 
hören des Blutkreislaufs und den vollkommenen Stillstand der Athmung zu ermitteln. 
1) das Erloschensein der Empfindlichkeit ist anzunehmen, wenn der schwarze Augen- 
stern beim Eröffnen der Lider und Vorhalten eines brennenden Lichts unverändert bleibt, 
wenn lautes Anrufen, das Vorhalten scharfer Riechstoffe (Zwiebel, Essig, Salmiakgeist) 
oder das Bürsten, Reiben der Brust, Vorderarme und Fußsohlen, das Auflegen von 
Senfteig oder von brennendem Feuerschwamm und das Auftröpfeln von brennendem 
Siegellack auf die Brust nicht die mindeste Gegenwirkung hervorrufen und bei den zwei 
letzten Proben insbesondere die Oberhaut nicht nach einiger Zeit in größeren Blasen 
sich erhebt. 
2) Auf das Aufhören des Blutkreislaufs weist es hin, wenn — abgesehen vom 
mangelnden Herzschlag und Puls — beim festen Anlegen eines Bandes um den Arm 
die Adern auf dem Handrücken nicht anschwellen, desgleichen wenn bei feinen Einstichen 
in das Lippenroth keine kleinen Blutstropfen austreten, ferner wenn an den Finger- 
rändern der mit der inneren Fläche gegen eine Kerzenflamme gehaltenen Hände des 
Todten das Blut nicht mehr durchscheint, wie beim Lebenden. — Nie soll der Leichen- 
schauer versäumen, durch Auflegen des Ohrs in der Gegend der linken Brustwarze sich 
von dem Fehlen der durch den Herzschlag entstehenden Geräusche zu überzeugen. 
3) Der vollkommenc Stillstand der Athmung läßt sich erkennen, wenn beim Vor- 
halten eines reinen Spiegels vor den offenen Mund des Verblichenen kein Anlaufen, 
keine Trübung desselben entsteht oder wenn eine gleicher Weise vorgehaltene Flaumfeder 
oder Lichtflamme unbeweglich bleibt, ebenso wenn auf die platte Brust ein Glas mit 
Wasser gestellt und an letzterem kein Schwanken wahrgenommen wird. 
8. 8. 
Diese Versuche vermögen indessen nicht vollkommene Gewißheit von dem gänzlichen 
Erloschensein alles Lebens zu verschaffen. Bleiben also auch nur im mindesten Zweifel 
über den wirklichen Tod bestehen, so hat der Leichenschauer für die zweckmäßige Aufbe- 
wahrung des Verblichenen besorgt zu sein, denselben öfters und in kürzeren Zwischen- 
zeiten zu besichtigen und hiebei auf's Genaueste zu beobachten. 
Liegt aber, namentlich in den Fällen des §. 5 Abs. 2 und 3, Grund zur Annahme 
bloßen Scheintodes vor, so sind sofort Wiederbelebungsversuche anzustellen.
	        
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