Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1882. (59)

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die Seite zu legen und durch Zusammenbengen und Wiedergeradestrecken des Rumpfes 
jenen Zweck zu verfolgen. 
3) Daneben sind nach Möglichkeit Brust, Unterleib und Glieder des Scheintodten 
zu erwärmen durch Bedecken mit erwärmten Tüchern, Decken 2c. und zwar ist diese all- 
gemeine Erwärmung um so nachdrücklicher fortzusetzen, je bleicher und zusammengefallener 
das Aussehen des Scheintodten ist, wie man dieß nach Verblutung, Ohnmachten, Kräm- 
pfen beobachtet. Hat dagegen der Scheintodte namentlich bei Erstickungszufällen ein auf- 
getriebenes Gesicht, so bedarf es neben der Anwendung von Wärme an den Gliedern 
des Kühlhaltens des Kopfes durch Auflegen kalter Umschläge. Bei Erfrorenen muß 
aber hievon eine Ausnahme gemacht werden. Sie dürfen nicht in warme Zimmer ge- 
bracht, sondern müssen zuerst im Freien mit Schnee oder Wasser tüchtig gerieben wer- 
den; erst wenn der Körper dadurch wieder weich geworden ist, darf der Erfrorene in ein 
mäßig warmes Zimmer gebracht und hier die beschriebene künstliche Athmung eingeleitet 
werden. 
4) Als weitere Belebungsmittel können neben der Einleitung künstlicher Athmung 
in Anwendung gebracht werden: das Einreiben der Schläfe, Stirne, Herzgrube, Brust 
mit gutem Essig, Branntwein, Hofmann'schen Tropfen, das Bespritzen des Gesichts mit 
frischem Wasser und das Gießen eines Strahls desselben über die Brust und über das 
Hinterhaupt, das Verbringen der eben genannten Riechstoffe oder frisch zerschnittener 
Zwiebel oder von Salmiakgeist unter die Nase, das Kitzeln des Gaumens mittelst eines 
in Essig getauchten Federbarts (was bei Vergifteten zu Erzeugung von Erbrechen stets 
anzuwenden ist), das Reiben des ganzen Körpers mit warmen wollenen Tüchern, weichen 
Bürsten rc., das Auflegen von Senfpapieren oder Teigen aus Essig, lauem Wasser und 
Senfmehl oder Meerrettig bereitet, auf die Herzgrube, Waden, Fußsohlen, die Verab- 
reichung von Klystieren von warmem Wasser, Chamillenthee mit einigen Löffeln voll 
Essig und Salz. Uebrigens dürfen diese Reizmittel nur mit Vorsicht und unter stufen- 
weisem Uebergang von dem schwächeren zu dem stärkeren in Anwendung gebracht werden 
und ist namentlich der Gebrauch scharfer flüchtiger Riechmittel bei solchen Scheintodten, 
bei welchen das aufgetriebene blausichtige Aussehen auf Ansammlung von Blut im Kopfe 
schließen läßt, unzulässig. 
5) Belebende Mittel dürfen einem Scheintodten nie eingeflößt werden, ehe die Ath- 
mung ganz in Gang gekommen ist. Ueberhaupt darf von dem Leichenschauer außer dem
	        
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