248
In allen denjenigen Ortschaften, in welchen die Cholera in früheren Jahren epi-
demisch aufgetreten ist, ist von den Gemeindebehörden, wenn die Ortschaft Sitz eines
Oberamts ist, von dem Oberamt und Oberamtsphysikat und den Gemeindebehörden der
Verkehr mit Nahrungs= und Genußmitteln einer besonders sorgfältigen und scharfen
Kontrolle zu unterwerfen, und die Wasserversorgung, (vergl. Beil. 1), die Abführung der
Schmutzwässer, das Abtrittswesen und der Zustand der Düngerstätten einer genauen
Untersuchung zu unterziehen. Auf die Beseitigung der hiebei vorgefundenen Uebelstände
ist unter besonderer Berücksichtigung der früher schon von der Cholera betroffenen Gebäude
und Ouartiere, welche zu diesem Behuf festzustellen sind, allen Ernstes hinzuwirken.
2) Je nach den Umständen ist auf solche Personen ein besonderes Augenmerk zu
richten, welche ihren Aufenthalt in einem Orte nehmen, nachdem sie kurz zuvor in von
der Cholera heimgesuchten Orten gewesen waren. Es empfiehlt sich, die Zugereisten einer,
nach ärztlichem Dafürhalten zu bemessenden, aber nicht über 5 Tage vom Tage der Ab-
reise aus dem Choleraorte hinausgehenden Beobachtung zu unterstellen, jedoch in schonender
Form und so, daß Belästigungen der Personen thunlichst vermieden werden.
Die Einführung einer Meldepflicht für die aus Choleraorten zugereisten Personen
bleibt dem Ministerium des Innern vorbehalten.
3) Besondere Maßregeln, insbesondere Beschränkungen des Aufenthalts oder der
Arbeitsstätte können bei Krankheits= oder Ansteckungsverdacht erforderlich werden gegen
Obdachlose oder einen festen Wohnsitz nicht besitzende oder berufs= oder gewohnheitsmäßig
umherziehende Personen (Zigeuner, Landstreicher, fremdländische Auswanderer).
Die Maßregeln bezüglich der Ueberwachung des Schifferei= und Flößerei-Verkehrs
werden dem Ministerium des Innern vorbehalten.
4) Waareneinfuhrverbote gegen reichs-inländische Choleraorte sind nicht zuläßig.
Inwieweit die Einfuhr bestimmter Waarengegenstände aus dem Ausland zu untersagen
ist, unterliegt der Bestimmung des Ministeriums des Innern.
5) Es kann angebracht sein, gebrauchte Betten, Leib= und Bettwäsche und Kleidungs-
stücke, welche aus Choleraorten mitgebracht sind, zu desinfiziren. Außerdem dürfen nur
solche Gegenstände, welche nach ärztlichem Dafürhalten als mit Choleraentleerungen be-
schmutzt anzusehen sind, zwangsweise einer Desinfektion unterworfen werden.