Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1893. (70)

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welche verdächtige Abgänge gelangen, werden am einfachsten durch reichliches Uebergießen mit Kalk- 
milch (1 Nr. 1) desinfizirt. 
8. Soweit Abtritte im Hinblick auf den öffentlichen Verkehr (vergl. §. 27 der Verfügung) zu 
desinfiziren sind, empfiehlt es sich, täglich in jede Sitzöffnung mehrmals Kalkmilch oder ein anderes 
gleichwerthiges Mittel in einer der Häufigkeit der Benutzung entsprechenden Menge zu gießen. Tonnen, 
Kübel und dergl., welche zum Auffangen des Koths in den Abtritten dienen, sind nach dem Entleeren 
reichlich mit Kalkmilch oder einem anderen gleichwerthigen Mittel außen und innen zu bestreichen. 
Die Sitze selbst sind mit Kalkmilch oder einer der 3 Lösungen von Kaliseife, Karbolseife oder 
Karbolsäure zu reinigen. 
9. Wo eine genügende Desinfektion in der bisher angegebenen Weise nicht ausführbar ist, z. B. 
bei Matratzen und Federbetten in Ermangelung eines Dampfapparates oder wenn ein Mangel 
an Desinfektionsmitteln eintreten sollte, sind die zu desinfizirenden Gegenstände mindestens 6 Tage 
lang außer Gebrauch zu setzen und an einem warmen, trockenen, vor Regen geschützten, aber womög- 
lich dem Sonnenlicht ausgesetzten Orte gründlich zu lüften. 
Strohsäcke können mit ihrem Inhalt im Dampfapparat desinfizirt werden; zweckmäßiger ist 
es, mit dem Stroh nach Nr. 10 zu verfahren und die Hülle wie die Wäsche (Nr. 3) zu desinfiziren. 
Polstermöbel, deren Holzwerk keinen Fournierbelag hat und nicht durch Leim zusammenge- 
halten wird, können im Dampfapparat desinfizirt werden. Ist letzteres nicht angängig, so werden 
die Holztheile mit Kaliseisen-, Karbolseifen= oder Karbolsäurelösung abgewaschen, sonst, wie in Abs. 1 
angegeben, behandelt. 
10. Gegenstände von geringem Werthe sind zu verbrennen oder in Gruben zu schütten, daselbst 
mit Kalkmilch zu übergießen und mit Erde zu bedecken. 
Die Desinfektion ist dort, wo sie geboten erscheint, insbesondere wenn Orte, die dem öffentlichen 
Verkehr zugänglich sind, gefährdet erscheinen oder wo sonst eine Infektion zu besorgen ist oder statt- 
gefunden hat, mit der größten Strenge durchzuführen. Im Uebrigen ist aber vor einer Vergeudung 
von Desinfektionsmitteln eindringlich zu warnen; unnöthige und unwirksame Desinfektionen bedingen 
unnützen Kostenauswand und vertheuern die Preise der Desinfektionsmittel, verleiten aber auch das 
Publikum zur Sorglosigkeit in dem Gefühle einer trügerischen Sicherheit. 
Reinlichkeit ist besser als eine schlechte Desinfektion. 
11. Der Kiel-(Bilge-) Raum der im Fluß= und Binnenschifffahrtsverkehr benutzten Fahrzeuge 
wird durch Eingießen von Kalkmilch, welche, sofern Raum und Ladung es zulassen, zuvor mit der 
zehnfachen Wassermenge zu verdünnen ist, desinfizirt. 
Die frisch zubereitete Desinfektions-Flüssigkeit (s. o. 1 1.) wird an verschiedenen Stellen des 
Kielraums dem Kiel-(Bilge-) Wasser — erforderlichen Falls unter Anwendung eines Trichters — zugesetzt 
und durch Umrühren mittels Stangen oder dergleichen mit demselben gemischt. Von der Flüssigkeit 
muß soviel eingegossen werden, daß das im Bilgeraum entstehende Gemisch einen Streifen rethes 
Lackmuspapier stark und dauernd blau färbt; diese Prüfung ist nicht dort, wo die Kalkmilch zugesetzt 
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