Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1894. (71)

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Kreisregierung den Kranken, falls nicht sein Zustand entgegensteht, persönlich vernehmen 
und hiezu den Oberamtsarzt am Sitze der Kreisregierung beiziehen. 
Die Entscheidung der Kreisregierung erfolgt hierauf im Wege der kollegialischen 
Berathung und Beschlußfassung. 
Die Einweisung ist zunächst nur vorläufig zu verfügen. Nach einem in der Regel 
nicht über die Dauer von sechs Wochen zu bemessenden Aufenthalt des Kranken in der 
Staatsirrenanstalt ist ein Gutachten der Direktion der letzteren über den Kranken ein- 
zuziehen, worauf sodann die endgiltige Entscheidung ergeht. 
Die Entscheidungen der Kreisregierung sind mit eingehender Begründung zu ver- 
sehen und den widersprechenden Angehörigen, sowie dem Gemeinderath in beglaubigter 
Abschrift zuzustellen. 
Können die Verpflegungskosten nicht aus dem eigenen Vermögen des aufzunehmen- 
den Kranken bestritten werden, so hat die Kreisregierung gleichzeitig für die Ermittlung 
des zur Unterstützung des Kranken unmittelbar verpflichteten Armenverbandes (§. 28 des 
Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom . 018 W, Reichsgesetzblatt S. 262) 
und für die Ausstellung der in §. 15 Ziff. 5 bezeichneten Verpflichtungsurkunde Sorge 
zu tragen. 
II. Die Vorschriften Ziff. I. finden gleichmäßig Anwendung, wenn die Angehörigen 
eines Geisteskranken, der mit ihrer Zustimmung in eine Staatsirrenanstalt aufgenommen 
worden ist, während seines Aufenthalts in der Anstalt die ertheilte Zustimmung zurück- 
ziehen und die Entlassung des Kranken verlangen, diese aber nach der Ansicht der An- 
staltsdirektion aus einem der in Ziff. I. 1 und 2 bezeichneten Gründe nicht zulässig er- 
scheint. Dasselbe ist der Fall, wenn ein früher nicht widerspruchsberechtigter Angehöriger 
die Entlassung des Kranken beantragt. 
In den vorbezeichneten Fällen tritt an die Stelle des Gutachtens des Oberamts- 
arztes das Gutachten des Direktors der betreffenden Staatsirrenanstalt, auch wird ein 
der Entscheidung vorausgehender provisorischer Bescheid (vergl. Ziff. I. Abs. 7) nicht 
erlassen. 
III. Tritt während des Aufenthalts des Kranken in der Staatsirrenanstalt eine 
solche Aenderung in dessen Zustand ein, daß seine Entlassung oder Beurlaubung zulässig 
erscheint, so hat die Direktion der Anstalt der Kreisregierung alsbald Mittheilung zu 
machen.
	        
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