Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1899. (76)

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8. 63. 
Vor dem Beginn der Arbeit, vor dem Mittagessen und Abends wird ein gemeinschaftliches Gebet 
verrichtet, welches der Obmann (Obfrau) oder ein anderer hiefür bestimmter Gefangener laut vorspricht. 
An den Sonn= und Festtagen ist diejenige Zeit, welche nicht zum Gottesdienste oder zur Bewegung 
im Freien bestimmt ist, zum Lesen der aus der Gefängnißbibliothek abgegebenen Bücher, zur Vorbe- 
reitung für den Unterricht oder zu gemeinschaftlichen Vorlesungen aus geeigneten Büchern zu verwenden. 
Dem Ermessen des Vorstands ist jedoch anheimgestellt, Gefangenen, welche sich gut aufführen, 
an den Nachmittagen auch die Verrichtung geräuschloser Arbeiten zu gestatten. Deren Erlös fällt 
den Gefangenen ausschließlich zu. 
S. 64. 
Die Gefangenen stehen unter der besonderen Seelsorge des Hausgeistlichen ihrer Konfession, welcher 
sich von dem Stand der religiösen Bildung der Einzelnen und von ihrer Sinnesart die zur Einwirkung 
auf die Gefangenen nöthige Kenntniß zu verschaffen hat. Der Hausgeistliche hat zu diesem Behuf insbe- 
fondere auch die Arbeitszimmer und die Krankenzimmer zu besuchen und in den geeigneten Fällen mit 
den Gefangenen eine Besprechung unter vier Augen zu halten. 
8. 65. 
Israelitischen Gefangenen ist gestattet, am Sabbath und an den 13 hohen Festtagen in einem 
beionderen Lokal ihre Andachtsübungen zu halten. 
Sie sind an den genannten Tagen nicht zur Arbeit verpflichtet, haben dagegen an den Sonn- 
lagen und den christlichen Festtagen zu arbeiten, wofern hiedurch nicht eine Störung der Sonntags- 
ruhe verursacht wird. 
Es ist Fürsorge zu treffen, daß auf Wunsch der israelitischen Gefangenen die Anstalt einige- 
male des Jahres von dem Bezirksrabbiner besucht und von ihm eine Predigt abgehalten, auch für 
bie religiösen Bedürfnisse der Gefangenen gesorgt werde. 
F. 66. 
Bei Todesfällen wird vor der Beerdigung oder Abführung des Leichnams, in Gegenwart der 
(zefangenen oder wenigstens der Zimmergenossen des Verstorbenen, von dem Hausgeistlichen eine 
Nede gehalten oder ein Gebet gesprochen. 
8. 67. 
Die Gefangenen, deren Strafzeit bei der Einlieferung noch mehr als drei Monate beträgt, 
und bis zum zurückgelegten dreißigsten Jahre schulpflichtig. 
Dieselben erhalten, soweit sie es nöthig haben, wöchentlich sechs Stunden Unterricht in den- 
jenigen Gegenständen, welche in den Volksschulen gelehrt werden. 
Der Vorstand kann im Einverständniß mit dem Hausgeistlichen von der Theilnahme am Unter- 
richt diejenigen im schulpflichtigen Alter stehenden Gefangenen auf ihren Wunsch dispensiren, welche 
vor oder seit dem Eintritt in die Strafanstalt vollständige Schulkenntnisse erworben haben. k“
	        
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