Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1899. (76)

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Nachts thunlichst in Zellen je abgesondert verwahrt, wofern nicht bei Einzelnen aus besonderen Gründen 
eine Ausnahme hievon einzutreten hat, und haben an Arbeitstagen die Zeit bis zum Anfang und nach 
Umfluß der Arbeitszeit, ferner in der Regel die Sonn= und Festtage in den besonderen Zellen zuzubringen. 
S. 15. 
Die in Gemeinschaftshaft versetzten Gefangenen haben sich während der Zeit ihres Beisammenseins 
aller Unterredungen zu enthalten, welche nicht durch das Zusammenleben überhaupt oder durch die 
gemeinschaftliche Arbeit nothwendig werden. Unsittliche Gespräche oder Mittheilungen, welche sich auf 
strafbare Handlungen beziehen, sind durchaus verboten. 
§. 16. 
Wünscht ein der Einzelhaft unterworfener Gefangener außer der Zeit, in welcher er einen Be- 
such des betreffenden Beamten zu erwarten hat, oder ein in gemeinschaftlicher Haft befindlicher Ge- 
fangener mit einem Beamten der Anstalt zu sprechen, um Bitten, Anfragen oder Beschwerden vorzu- 
bringen, so hat er diesen Wunsch dem betreffenden Aufseher kund zu geben, durch welchen die An- 
meldung bei Strafe zu besorgen ist. 
Der Vorstand hat den Gefangenen, welcher sich vor ihn hat melden lassen, wo nicht an dem- 
selben, so doch am nächsten Tag zu vernehmen. Nur in besonders dringenden Fällen ist die Mel- 
dung dem Vorstand sogleich, auch außer der für den Napport bestimmten Zeit, zu erstatten. 
Wünscht ein Gefangener seine Beschwerde schriftlich einzureichen, so sind ihm die Mittel hiezu 
unter Beobachtung der nöthigen Vorsichtsmaßregeln zu gewähren. 
Ist die von dem Gefangenen erhobene Beschwerde gegen den Strafanstaltsvorstand selbst ge- 
richtet, so hat dieser hierüber sobald als thunlich, spätestens aber und bei Vermeidung einer Ord- 
nmungsstrafe binnen einer Woche der Aufsichtsbehörde, zutreffendenfalls unter Anschluß der Beschwerde- 
Eingabe, Bericht zu erstatten. 
Anläßlich der von der Aufsichtsbehörde oder einem Beauftragten derselben mindestens alle zwei 
Jahre vorzunehmenden Besichtigungen der Anstalt ist den Gefangenen Gelegenheit zu geben, etwaige 
Bitten, Anliegen oder Beschwerden den Visitatoren vorzutragen. 
8. 17. 
Zulässig sind Beschwerden der Gefangenen an die Aufsichtsbehörde über die Art der Strafvoll- 
streckung — soweit nicht gemäß §. 490 der Strafprozeßordnung richterliche Entscheidung herbeizu- 
führen ist —, über ungesetzliche, dienst= oder hausordnungswidrige Behandlung, sowie über die Ver- 
hängung von Dissiplinarstrafen. 
leber solche Beschwerden hat das Strafanstaltenkollegium zu entscheiden. Beschwerden, welche 
später als nach Ablauf einer Woche seit dem als beschwerend bezeichneten Vorgang angemeldet werden, 
haben auf Berücksichtigung keinen Anspruch. Gemeinsame Beschwerden mehrerer Gefangener sind un- 
zulässig. Den Beschwerden der Gefangenen kommt keine aufschiebende Wirkung zu. 
Gegen die Entscheidung des Strafanstaltenkollegiums können die Gefangenen binnen einer Woche 
von der Eröffnung an weitere Beschwerde an das Justizministerium erheben.
	        
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