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Der Gefängnißvorstand hat seine Aufsicht insbesondere auch auf die Vertheilung der Gefangenen
in die Hafträume, auf die Verköstigung, Bekleidung, Lagerung und sonstige persönliche Behandlung
der Gefangenen (wie Brief= und Besuchsverkehr, Gefängnißseelsorge, Zuweisung von Büchern) zu
erstrecken.
Besonderes Augenmerk wird der Gefängnißvorstand auf die Beschäftigung der amtsgerichtlichen
Gefangenen richten.
Das Brod und die sonstige Kost, welche den Gefangenen gereicht wird, hat der Gefängniß-
vorstand von Zeit zu Zeit zu untersuchen und sich zu vergewissern, daß die Gefangenen nach Menge
und Beschaffenheit erhalten, was ihnen gebührt.
In der kälteren Jahreszeit hat er sich bei dem auf verschiedene Tageszeit zu legenden Besuch
davon zu überzeugen, daß bezüglich der Heizung nichts versäumt wird.
S. 14.
Mindestens zweimal in jedem Monat wird der Gefängnißvorstand unter Zuziehung eines
Gerichtsschreibers die Gefängnisse unvermuthet besuchen und sowohl hiebei als bei andern geeigneten
Anlässen, namentlich bei sonstigen Besuchen des Gefängnisses, darauf Bedacht nehmen, die Gefangenen
in Abwesenheit des Gefangenwärters über ihre Verpflegung und Behandlung zu vernehmen. Ueber
die vorgenommenen Gefängnißoisitationen ist ein fortlaufendes Protokoll zu führen.
8. 15.
Dem Gefängnißvorstand ist das gesammte Dienstpersonal des Gefängnisses (Gefängnißinspektor,
Gefangenwärter, Gefängnißaufseher, militärische Aufseher, Aufseherinnen, Köchinnen, Knechte cc.)
unterstellt.
Die Ausübung der Disciplinarstrafgewalt gegenüber dem Dienstpersonal nach Maßgabe der K.
Verordnungen vom 13. Februar 1877 und 27. September 1879, Reg. Blatt von 1877 S. 14, von
1879 S. 401, verbleibt dem dienstaufsichtführenden Amtsrichter auch da, wo die Geschäfte des
Gesängnißvorstands einem andern Amtsrichter übertragen sind, es müßte denn diesem Amtsrichter
Seitens des Justizministeriums ausdrücklich auch die Disciplinarstrasgewalt über das Dienstpersonal
des Gefängnisses übertragen sein.
Auf die Gefangenwärter, Gefängnißaufseher, militärische Aufseher, Aufseherinnen, Köchinnen,
Knechte sowie auch deren Stellvertreter und Gehülfen findet die Disciplinarstrafe der Haft Anwend-
ung (K. Verordnung vom 20. Dezember 1876 und Beilage dazu, Reg. Blatt S. 5).
Jede hienach von dem Gefängnißvorstand bezw. von dem dienstaufsichtführenden Amtsrichter in
Ausübung der Disciplinarstrafgewalt gegenüber dem Dienstpersonal des Gefängnisses verhängte
Ordmungsstrafe ist sofort — unbeschadet anderweitiger Anzeigepflicht (vergl. §. 1 Abs. 3 der Dienst-
vorschriften für die Amtsgerichte vom 30. September 1879 und Justizministerialverfügung vom
23. April 1870, Württ. Gerichtsblatt Bd. II S. 369) — dem Strafanstaltenkollegium zur Kenntniß
zu bringen.