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lehre) und der Art ihres Erlasses durchaus zu®”. — Die „mir vor-
gelesenen Kriegsartikel“ heißt es, daraus folgt, daß die Verlesung
vor der Eidesabnahme zwingende Bestimmung ist; ob ihre Unter-
lassung den Eid ganz oder zum Teil nichtig macht, ist eine müssige
Frage.
„Die mir erteilten Vorschriften und Befehle“. Vorschriften
sind die allgemeinen Anweisungen, Befehle die dem Einzelnen im
Einzelfall erteilten. Der Unterschied entspricht etwa dem zwischen
Polizeiverordnung und -verfügung. Die Vorschriften umfassen
die Dienstgesetze, diese wieder die Kriegsgesetze. Insofern hat
der Eid für Offiziere und Mannschaften gleichen Inhalt. — Ein
heikler Punkt ist der Ausdruck „genau* befolgen. Da unter Ge-
horsam das Ersetzen des eigenen Willens durch einen fremden zu
verstehen ist, ist eine genaue Erfüllung fremder Willensentschlie-
ung strenggenommen meist unmöglich. Hier müßte die Ein-
schränkung „nach bestem Wissen und Gewissen“ stehen, die sich
in anderen Eidesformeln findet und die den Eid den Fähigkeiten
des Schwörenden anpaßt. Aehnlich verhält es sich mit dem „un-
verdrossenen“ Vollziehen der Befehle, das im bayerischen Fahnen-
eid zugesichert wird. Diensteifer kann man versprechen, Dienst-
freudigkeit nicht.
b) Zu den Berufspflichten, die in Kriegsartikeln, Vorschriften
und Befehlen (Kriegs- und Dienstgesetzen) dargestellt werden,
tritt in den Worten „und mich so betragen will, wie es
einem rechtschaffenen, unverzagten, pflicht- und
ehrliobenden Soldaten (Offizier) eignet und gebühret“,
die Versicherung, die Standespflichten zu wahren. Die Stan-
despflichten '°° sind militärisches Gewohnheitsrecht. Durch die
Tradition, die nach einem Ausspruch Seiner Majestät des Kaisers
® A. A.: Mewes, Art. Kriegsartikel in Dıerz, Hwh. d. Militärrechts,
Rastatt 1912.
100 Eine vorzügliche Darstellung in SCHAIBLE-SPOHN, Standes- und Be-
rufspflichten des Deutschen Offiziers. 6. Aufl. Berlin 1908.