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I. Das Turnen bildet einen organischen Bestandtheil der öffentlichen Er-
ziehung an den Gelehrten= und Realschulen und wird in denselben und zwar
vom zurückgelegten neunten Lebensjahr der Schüler an als ordentliches Schulfach
behandelt.
Demgemäß sind:
1) Die ordentlichen Schüler dieser Anstalten von dem genannten Zeitpunkt an
zur Theilnahme am Turnunterricht verpflichtet und bedürfen, wenn sie hievon
entbunden sein wollen, der ausdrücklichen Befreiung, welche nur auf Grund
eines ärztlichen Zeugnisses oder aus sonst triftigen persönlichen Gründen ertheilt
werden soll.
2) Die Turnübungen sind während des ganzen Schuljahrs ununterbrochen fort-
zusetzen. Der Unterricht im Turnen ist im ersten Jahr in mindestens einer,
in den folgenden Jahren in mindestens zwei Wochenstunden zu ertheilen.
3) Die Abtheilungen für den Turnunterricht fallen regelmäßig mit den Schul-
klassen zusammen. Die höchste Schülerzahl, welche einen geordneten Betrieb
des Unterrichts zuläßt, ist vierzig. Ist die Zahl der Schüler in den einzelnen
Schulklassen geringer, so können die angrenzenden Klassen zusammen genommen
werden. —
4) Die Turnstunden sind womöglich unmittelbar an die anderen Pflichtstunden
anzuschließen.
5) Das Turnen bildet einen Gegenstand der öffentlichen Schulprüfungen und
Schulzeugnisse.
Als wesentliches Mittel der Erziehung hat das Turnen nicht nur die Er-
haltung und Befestigung der Gesundheit und die Ausbildung der körperlichen
Kraft und Gewandtheit anzustreben, sondern auch die sittliche Bildung der
Schüler, die Herrschaft des Geistes über den Körper und die freie Unterord-
nung des Einzelnen unter das Ganze zu fördern und insbesondere die zur
Mannhaftigkeit gehörenden Eigenschaften, wie Ausdauer, Muth und Beson-
nenheit zu pflegen.
II. Den Uebungsstoff bilden:
Uebungen im Stehen (Ordnungs= und Gelenkübungen, letztere ohne und
mit Handgeräthen, unter Umständen auch Fechten); Uebungen im Gehen,