Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1902. (79)

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hängt. So entsteht der einzelne Tuberkel. Derselbe wird durch Bildung neuer Knötchen in der Um- 
gebung nach und nach größer und wächst zu Knoten von Erbsen-, Wallnuß-, Faustgröße und darüber 
heran. Schleimhauttuberkel neigen nach vollendeter Verkäsung zum Zerfall, wodurch Geschwüre entstehen. 
Aus letzteren können sich, hauptsächlich in den Lungen und in der Leber, unter der Einwirkung von 
Eitererregern ausgedehnte Erweichungsherde bilden. Diese sind gekennzeichnet durch eine erheb- 
liche Größe, unebene, zerfressene Wände, dünn= oder dickflüssigen Inhalt und durch das Fehlen einer 
Bindegewebskapsel. Die Tuberkel der serösen Häute, besonders am Brustfell und Bauchfelle, zeigen beim 
Rinde häufig Neigung, eine starke bindegewebige Umgrenzung zu bilden und frühzeitig zu verkalken. 
Diese besondere Form der Tuberkulose wird als Perlsucht bezeichnet und setzt ein mit einer röthlichen 
Bindegewebswucherung an der Oberfläche des Brust= oder Bauchfells, aus der sich später kleine Knötchen 
und größere, höckerige Knoten oder dicke, derbe Schwarten bilden. 
Auf dem Wege der Lymphbahnen wird stets ein Theil der Krankheitskeime verschleppt, wodurch 
es zu neuer Tuberkelbildung in den Organen und sehr bald auch zur Entstehung von Tuberkeln in den 
zu den betreffenden Körpertheilen gehörenden Lymphdrüsen kommt. Die Lymphdrüsen erkranken regel- 
mäßig, wenn die Keime der Tuberkulose in ein Organ gelangt sind. Dagegen kann es vorkommen, daß 
in den zu den veränderten Lymphdrüsen gehörenden Organen tuberkulöse Veränderungen schwer nach- 
weisbar sind oder ganz fehlen. Deshalb ist die Untersuchung der Lymphdrüsen von größter Wichtigkeit 
für den Nachweis der Tuberkulose an geschlachteten Thieren. 
Die Verbreitung der Krankheit von einem Körpertheil auf andere erfolgt auf berschiedene Weise: 
1. durch Verschlucken des ansteckenden Auswurfs; 
2. durch den Lymphstrom; 
3. durch den Blutstrom. 
Durch Verschlucken tuberkulösen Auswurfs können die Lymphdrüsen der Rachenhöhle, der Darm, 
häufiger die Gekrösdrüsen tuberkulös werden. 
Durch den Lymphstrom kann eine Darmtuberkulose auf das Bauchfell und von hier auf das 
Brustfell und auf die Gebärmutter übertragen werden. 
Die Ausbreitung durch den Blutstrom tritt ein, wenn an einer Stelle des Körpers ein Tuberkel 
die Wandung eines Blutgefäßes zerstört und das Blut mit Krankheitskeimen verunreinigt wird, oder 
wenn der Einbruch der letzteren in ein großes Lymphgefäß, welches mit der Blutbahn in unmittelbarer 
Verbindung steht, erfolgt. Enthält das Blut im großen Blutkreislaufe') die Krankheitskeime, so können 
die Krankheitserreger auch in das Mustelfleisch gelangen. Hier siedeln sie sich zwar selten an, werden 
*) Man unterscheidet den großen Blutkreislauf (oder Körperkreislauf), den Lungenbkutkreislauf und den 
Pfortaderblutlauf. 
Im großen Blutkreislaufe fließt das Blut von der linken Herzkammer in den größten Teil des Körpers 
und kehrt von dort in die rechte Vorkammer des Herzens zurück. 
Der Lungenblutkreislauf vollzieht sich zwischen der rechten Herzkammer, den Lungen und der linken Vor- 
kammer des Herzens. 
Der Pfortaderblutlauf beginnt mit den aus Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse und Milz heraustretenden 
Blutgefäßen, welche sich zur Pfortader vereinigen. Diese mündet in die Leber und vertheilt sch in derselben. 
Aus den feinsten Gefäßen der Pfortader wird das Blut wieder gesammelt und aus der Leber dem großen Blut- 
kreislaufe zugeführt.
	        
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