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Verfügung des Justizministeriums,
betreffend die Vollziehung der Freiheitestrafen. Vom 16. Dezember 1902.
Ueber die Vollziehung der Freiheitsstrafen wird mit Allerhöchster Genehmigung
Seiner Majestät des Königs Folgendes verfügt:
8. 1.
Die gegen Personen männlichen Geschlechts erkannte Zuchthausstrafe wird in
dem Zuchthause zu Ludwigsburg beziehungsweise in der Filialanstalt dieses Zuchthauses
auf Hohenasperg, die gegen Frauenspersonen erkannte Zuchthausstrafe in der
Zuchthausabtheilung der Strafanstalt für weibliche Gefangene in Gotteszell vollzogen.
8. 2.
Die Gefängnißstrafe wird von erwachsenen Personen bis auf Weiteres, wenn sie
vier Wochen nicht übersteigt, in den amtsgerichtlichen Gefängnissen (Bezirksgefängnissen),
bei längerer Dauer von Personen männlichen Geschlechts gemäß den in den 88. 3 und 4
ertheilten näheren Bestimmungen in den Landesgefängnissen zu Hall und Rottenburg,
sowie in dem Zellengefängniß zu Heilbronn, von Frauenspersonen in der Gefängniß-
abtheilung der Strafanstalt für weibliche Gefangene in Gotteszell verbüßt. (Vgl.
übrigens auch §. S.)
Als erwachsen werden Personen angesehen, welche bei Antritt der Strafe das
18. Lebensjahr vollendet haben.
8. 3.
Erwachsene Personen männlichen Geschlechts sind auf Anordnung der Straf-
vollstreckungsbehörde (Staatsanwalt, Amtsrichter) in das Zellengefängniß Heilbronn
einzuliefern beziehungsweise unter den Voraussetzungen der Verfügung des Justiz=
ministeriums vom 4. April 1902, Reg. Blatt S. 77 und Amtsblatt S. 17, zum Straf-
antritt in dieser Strafanstalt von der Strafvollstreckungsbehörde vorzuladen, wenn die
zu vollziehende Strafe in Gefängnißstrafe von mindestens viermonatlicher und höchstens
dreijähriger Dauer besteht und der Verurtheilte zur Zeit der That das dreißigste
Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hatte.
Ungeachtet des Vorhandenseins dieser Voraussetzungen hat die Einweisung in das
Zellengefängniß zu unterbleiben und ist die Einweisung in das betreffende Landesgefängniß