fullscreen: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Mann vor des alten Coj Hause nach drei 
Lalebassen das Gift ausgebrochen, hatte man 
ihn zu einer neuen Probe vor Nganjanzi 
verurtheilt und ihm noch zwei weitere Dosen 
gegeben. Darauf hatte er gestanden, den Todten 
allerdings verhert zu haben. Den Zauber 
wollte er von seinem früher verstorbenen Bruder 
empfangen haben. Nach noch weiteren zwei 
Dosen war der Mann eingeschlasen, wobei ge- 
wöhnlich der Tod eintritt. Er war aber in 
der Nacht ausgewacht und ohne Hülje nach 
Konkoa zurückgekehrt. — Eine förmliche Manie 
scheint das Volt für die Giftprobe ergriffen 
zu haben. Erst ganz neuerdings tranken zwei 
sich streitende Sklaven das Giftwasser ohne 
Zeugen auf einer Ketschenki-Farm, um so den 
Streit zu beenden. 
Als ich vor einigen Tagen in Konkoa dem 
Häuptling gegenüber meinem Unwillen über 
diesen Mißbrauch Ausdruck gab, ertlärte er 
mir sofort, daß er und auch wohl einige der 
anderen Häuptlinge einsähen, wic sie auf diese 
Weise sich selbst schwächten und den lleinen 
Adeli-Stamm allmählich ganz aufreiben würden; 
daß aber sie selbst nicht im Stande scien, dieses 
Geseb zu ändern — aus Furcht vor den 
Anderen. 
Eine solche Gewohnheit mit Gewalt unter- 
drücken zu wollen, ist für die Station unge- 
eignet und vor allen Dingen unansführbar. 
Ich fand aber bei Einzelbesprechungen mit 
Kontu (bei welcher Gelegenheit ich erfuhr, 
daß eine seiner Frauen erst vor einer Woche 
das Gistwasser ohne Schaden getrunten), mit 
Bubovi, dem Häuptling von Pereon, mit 
Nunu und mit Cojô von Ketschenti, daß sie 
alle wohl geneigt wären, den Gebrauch zu 
Haumnterdrücken, sobald die Station ein dahin- 
gehendes Gesetz erlassen würde. Um der 
Station volle Objeltivität zu wahren, sowie 
um den Mißbrauch wirtlich auszurotten und 
ihn nicht an einzelnen Orten und im Geheimen 
bestehen zu lassen, lehnte ich eine derartige Be- 
stimmung ab, so lange nicht ein Einverständniß 
sämmtlicher Adeli-Häuptlinge und Fetischleute er- 
zielt wäre. Da aber die obersten Fetischpriester 
(Nunu und Coi0) einig sind, so fürchte ich 
kaum einen Mißersolg, und Nunn hat eine 
Zusammenkunft der maßgebenden Personen in 
Pern angesetzt. Sobald die Einigung erzielt, 
werde ich auf Bitte der Versammlung der Ab- 
schaffung des Mißbrauches die Santtion geben. 
Ein derartiger Ersolg ohne Auwendung von 
Gewaltmaßregeln wäre gewiß der beste Beweis 
des ebenso bedentenden wie günstigen Einflusses 
der Station auf das Adeli-Land. 
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– 
Die organisatien der verwaltung der 
Erothräischen Rolonie. 
Durch Königl. Dekret vom 1. Jannar 1890 
waren die italienischen Besitzungen am Rothen 
Meecre zu einer Kolonie mit dem Namen 
„Erythräische Kolonie“ verbunden worden. In 
einem Bericht des Ministerpräsidenten war dar- 
gelegt, wie die Ausdehnung der dortigen ita- 
lienischen Besitzungen und die mit denselben ver- 
knüpften Interessen an Stelle der Kriegsgesetze 
und außerordentlichen Maßregeln eine geregelte 
Organisation erforderlich gemacht hätten. Da 
jene Besitzungen aber noch nicht als im vollen 
Friedenszustand befindlich betrachtet werden 
tönnten, werde die Oberleitung zunächst in den 
Händen des Militärkommandanten belassen, 
welcher gleichzeitig Gonverneur und Hbchst- 
kommandirender aller Streitkräste zu Wasser 
und zu Lande bleiben solle. Derselbe habe 
jedoch die Kolonie mit einer rein civilen Ver- 
waltung auszustatten, in welcher er von drei 
Beamten (für das Innerc, die Finanzen, Handel 
und Ackerbau) unterstützt werde. 
Nach einem Dekret vom 20. Oltober d. J. 
wird nunmehr ein Civilgonverneur eingeseczt, 
welchem die Civilangelegenheiten übertragen 
werden, während die Militärangelegenheiten dem 
Kommandeur der Truppen, die Marineangelegen- 
heiten dem Marinestationschef zufallen. Ueber 
politische Fragen hat unter der Leitung des 
Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheilen 
der Gonverneur zu entscheiden, ebenso über die 
Verwendung der Truppen zu politischen Zwecken, 
während die Durchführung der Operationen 
dem Kommandanten bezw. dem Marinestationschef 
obliegt, welche in Bezug auf Disziplin, Dienst- 
einrichtung und Verwaltung unmittelbar dem 
Kriegs bezw. Marine-Ministerium unterstehen. 
Die Dislokation der Truppen, ausgestellt nach 
den Ersordernissen der Vertheidigung und Sicher- 
heit der Kolonie, kann nur im vollen Ein- 
verständniß des Civilgonverneurs und des 
Truppenkommandanten geändert werden. 
+. S. A.K., S S. S.S. K. . . -S. S. S. S.. A. Ma AMM M A. M. ALM. . 
Titterarische Besprechungrn. 
Meine Erlebnisse in der Wissmann- 
Truppe. Von G. Richelmann, Haupt- 
mann und Compagnie-Chef im In- 
santerie-Regiment Prinz Louis Fer- 
dinand von Preußen (2. Magdeb.) 
Nr. 17, vormaligem Stations-Chef 
von Bagamoyo. Magdeburg, Creutsche 
Verlagsbuchhandlung 1892. 
Hauptmann Richelmann ist einer von 
jenen Männern, welche mit Wissmann nach
	        
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