Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Oer Weg zur Krügerdepesche. 71 
  
tonten diese Feier in ganz besonderer Weise. Auf dem Festmahle sagte 
der deutsche Generalkonsul, er hoffe, der Präsident Krüger wisse nun- 
mehr, daß Deutschland ein wirklich aufrichtiger Freund sei. Deutsch- 
Südwestafrika kenne kein größeres politisches Interesse, als die Trans- 
vaalrepublik in ihren Bemühungen um Erhaltung des politischen Gleich- 
gewichtes in Südafrika zu unterstützen. Krüger antwortete, erzählte von 
seinem Berliner Besuche 1884 und rühmte die Oeutschen in Transvaal, 
die, anders wie die Engländer, den Gesetzen bereitwillig Folge leisteten. 
Die Schlußworte waren: „Unsere kleine Republik kriecht nur noch unter 
den Großmächten herum, und wir fühlen wohl, daß, wenn der eine uns 
einen Tritt versetzen will, der andere dies zu bindern versucht.“ 
Der deutsche Generalkonsul hatte nicht improvisiert, sondern nach 
Berliner Instruktionen gehandelt. Das bestätigte sich kurz nachher, als 
der britische Botschafter in Berlin dem Freiherrn v. Marschall ein Schrei- 
ben des britischen Kolonialsekretärs überreichte, des Inhalts: Deutsch-- 
land nähre in Transvaal einen der internationalen Stellung der Republik 
widersprechenden Geist. Der Staatssekretär antwortete, das Ziel der 
deutschen Politik sei, diejenigen materiellen Interessen zu schützen, und 
zwar gegen jeden Eingriff, die sich Deutschland durch Bau von Bahnen 
und durch Anknüpfung von Handelsinteressen mit der Transvaalrepublik 
geschaffen habe. Darin sei für Deutschland notwendig enthalten, daß 
Transvaal als Staat selbständig bleibe, und zwar gemäß dem Vertrage 
von 1884. Diese Interessen forderten die Erhaltung des bestehenden Zu- 
standes der Bahnen und des Hafens in der Delagoabai. Wenn auch Eng- 
land diesen Zustand erhalten wolle, so müsse die britische Regierung 
Stellung nehmen gegen die Bestrebungen Rhodes“ und seines Gehilfen, 
Dr. Jameson. Diese gingen darauf aus, die Transvaalrepublik mit dem 
englischen Südafrika zu vereinigen. Einzig die Tatsache, daß die britische 
Regierung sich diesen Bestrebungen nicht widersetze, sei der Grund, wes- 
halb in der südafrikanischen Republik jener Geist entstanden sei, der in 
London mißfiele. Der britische Botschafter erklärte darauf: Dr. Jameson 
strebe keine politische, sondern eine wirtschaftliche Bereinigung der süd- 
afrikanischen Staaten an. Die Antwort des deutschen Staatssekretärs 
war: gerade eine solche laufe den deutschen Interessen zuwider. 
Der Gegensatz zwischen der deutschen und der englischen Politik 
lag damit ebenso klar wie derjenige zwischen Großbritannien und der 
Transvaalrepublik. Der britische Gesandte sprach von dem Geiste, wel- 
cher der internationalen Stellung Transvaals nicht angemessen sei und 
von Deutschland genährt würde. Er meinte also, daß die politische Rücken- 
stärkung Transvaals durch das Deutsche Reich dem transvaalsch-bri- 
tischen Vertrage von 1884 zuwiderlaufe. Das konnte insofern der Fall
	        
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