XII Zur Einführung.
politische Moment. Oer Gedanke des Berfassers war damales, etwa im
Laufe der kommenden JZahre nötig werdende neue Auflagen je nach-
dem Fortschritte der Zeit und dem Abschlusse der Ereignisse laufend zu
vervollständigen, Bermutungen und Kombinationen durch mittlerweile
feststellbare Tatsachen und inzwischen eingetretene Abschlüsse zu ersetzen
und zu ergänzen.
Da kam der Große Krieg im August 1914, und mit einem Schlage
#nderte sich die Sache vollkommen. Zwar erschien die zweite Auflage
noch unverändert, nur mit einem kurzen Anhange, weil sie schneller als
gedacht notwendig wurde. Oann zeigte sich die unabweisbare Notwendig-
keit, der veränderten Lage durchgreifend Rechnung zu tragen.
Biel vorherige Unsicherheiten verschwanden, jene Zurückhaltung und
Vorsicht usw., welche vorher notwendig gewesen war, konnte nunmehr
fortfallen. Der Krieg zerschnitt durch seinen Eintritt den größten Teil
des Netzes diplomatischer Zeziehungen und Bemühungen, er machte
einen dicken Strich unter alle jene Bestrebungen und Manöver, die sich
im Flusse befanden, und deren Ergebnis man vorher nicht hatte absehen.
können, oder deren Gang man unter dem Gesichtspunkte des deutschen
Interesses schon mit Vorsicht und Zurückhaltung gegenüberstehen mußte.
Alle diese Fragen der damaligen Gegenwart oder diejenigen, welche
in sie hineinragten, brauchten nicht mehr hopotbetisch behandelt zu werden
oder offengelassen oder mit zurückhaltender Borsicht erörtert zu werden.
Die Richtung und die Ziele der Politik aller unserer heutigen Gegner waren
bis dahin Gegenstand dauernden Nätselratens gewesen, ebenso ihre Be-
ziehungen untereinander. Der Krieg beseitigte den größten Teil auch
dieser offenen Fragen, nicht auf einen Schlag, nicht gleich mit seinem
Beginn; aber mit jedem Monate mehr. Eine Enthüllung und eine Klar-
stellung folgte der anderen; eine Tatsache nach der anderen bestätigte,
was man vorher nur vermuten konnte. Wiederum muß an dieser Stelle
die hohe und, man kann in gewissem Sinne sagen, weltgeschichtliche Be-
deutung der belgischen Gesandtschaftsberichte hervorgehoben werden.
Sie sind politisch ebenso wie geschichtlich ein Dokument, welches von keiner
Seite mit Erfolg angefochten werden kann.
Es liegt in der Natur gerade politischer und diplomatischer Vorgänge,
daß niemals ein Vorgang sich vollkommen isolieren läßt. In der Negel
ist er nach der Bergangenheit wie nach der Zukunft bin durch eine Menge
von Fäden und Beziehungen bedingt und verknüpft. Deehalb läuft der
Schilderer und Beurteiler stets Gefahr, aus dem Zusammenhange herausê-
zureißen und deshalb ein unvollständiges und schiefes Bild zu geben. Der
Eintritt des Krieges hat, auch so gesehen, einen Abschluß als höhere Ge-
walt geschaffen und alles, was vorber schwebte oder unvollendet war,