Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Faschoda — Manila — Samoa. 123 
  
männer legten aber erheblichen Wert auf engere und für Oeutschland 
hoffnungesvoll scheinende Beziehungen, um die Zsolierung Großbritanniens 
zu beseitigen. Man empfand diese um so unbequemer, weil Chamberlain 
baldigst seine südafrikanischen Pläne zu verwirklichen gedachte. 
Faschoda — Manila — Samoa. 
Die Politik des Deutschen Reiches der französischen Republik gegen- 
über war während des letzten halben Jahrzehntes die gleiche geblieben, 
jedenfalls in ihren großen Zügen. Frankreich war aus der Panamakrisis 
in die Drepfuskrisis gelangt, mühsam wieder aus ihr hinausgeführt wor- 
den, und dann, um das Jahr 1898, gab das Wiederaufnahmeverfahren 
in der Angelegenheit Dreyfus wieder Anlaß zu Stürmen, welche die 
Republik und die Armee in ihren Grundfesten erschütterten. Immer bei 
diesen und anderen Anlässen wandte sich die Erregung der öffentlichen 
Meinung gegen Oeutschland als den Feind, der zu den Verlegenheiten 
Frankreichs beitrüge, wo er könne, und nur den Augenblick erwarte, 
um über den westlichen Nachbar herzufallen. An dieser Auffassung änderte 
das Bündnis mit Rußland verhältnismäßig wenig, zumal da es, wie an 
anderer Stelle erörtert worden ist, den Franzosen schon bald klar wurde, 
daß der Zar weit entfernt war, die russischen Armeen als Werkzeug fran- 
zösischer Revanche anzusehen. Dazu kam die Besserung der deutsch- 
russischen Beziehungen vom Jahre 1895 ab. 
Von deutscher Seite, besonders auch vom Oeutschen Kaiser, wurde 
wiederholt versucht, den Franzosen die Versöhnlichkeit der deutschen 
Stimmung zu zeigen. ODer Oeutsche Kaiser versäumte keine Gelegenheit, 
den Franzosen Liebenswürdigkeiten und Höflichkeiten zu erweisen, mochte 
es sich um Begnadigungen französischer Offizierspione handeln oder um 
Beileidsdepeschen, wie nach dem Tode des alten Marschalls Canrobert 
und der Ermordung des Präsidenten Sadi Carnot, oder um Empfang 
und gesellschaftliche Bevorzugung hervorragender Franzosen in Berlin 
oder auf Seefahrten. Als im Sommer 1895 die Eröffnung des Kaiser- 
Wilhelm-Kanals stattfand, wurde auch Frankreich eingeladen, ebenso 
wie siebzehn andere Nationen, sich durch Entsendung von Kriegsschiffen 
an der Feier zu beteiligen. Richt zum wenigsten, um eine so allgemeine 
Teilnahme zu ermöglichen, wurde die rein wirtschaftliche Bedeutung der 
neuen Verbindungswasserstraße zwischen der Ostsee und der Nordsee 
gegenüber der militärischen in den Bordergrund gestellt. In Frankreich 
herrschte zunächst große Erregung über die Einladung, und es erhoben 
sich heftige Stimmen für ihre Ablehnung: es hieße sich vor dem Sieger 
von 1870 beugen, sei eine Demütigung Frankreichs. Schließlich ent-
	        
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