Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Faschoda — Manila — Samoa. 125 
  
mals schon nicht fernlag. Französische Staatsmänner hatten sich, aller- 
dings mit Unterbrechungen, schon seit den achtziger Zahren bemüht, ein 
Einverständnis mit Großbritannien anzubahnen. Es hatte sich aber immer 
zerschlagen, teils infolge der wachsamen Politik Bismarcks, welche die 
beiden Mächte durch koloniale Fragen auseinanderzuhalten wußte, teils 
infolge der aktiven Politik großen Stiles, welche Frankreich in Afrika 
trieb. Sie mußte in immer schärferen Gegensatz zur britischen Politik 
treten, denn es handelte sich hier — man braucht nur das Wort Agppten 
zu nennen — um Lebensfragen der britischen Politik im Sinne des Wortes. 
Zene französische Afrikapolitik, besonders während der zweiten Hälfte der 
neunziger Jahre, wurde mit Konsequenz und Zähigkeit von großen Ge- 
sichtspunkten getrieben. Großbritannien war sich dieser Gefahr völlig bewußt. 
Oie britischen Staatsmänner, schon lange entschlossen, Agypten nie 
wieder zu räumen, nur die öffentliche Erklärung dieser Absicht zu ver- 
meiden und von Zeit zu Zeit der jeweiligen Lage angepaßte Vorwände 
zu gebrauchen, strebten danach, alle anderen Kolonialmächte von den 
Grenzen Agyptens abzudrängen oder sie nicht heranzulassen. Oiesem 
Zwecke sollte auch der durch Oeutschland und Frankreich verhinderte 
Vertrag mit dem Kongostaate dienen, diesem Zwecke diente die britische 
Oongolaexpedition, deren Notwendigkeit die britische Regierung nach 
außen mit der Niederlage der Italiener bei Adua begründete. Gewiß 
hatte sie insofern recht, als der neue Mahdistenaufstand seinen Anlaß 
in der Niederlage Italiens hatte. Anderseits wurde von den Franzosen 
behauptet, daß Großbritannien eben an dieser Niederlage der Ztaliener 
die Schuld trage, um Unruhen entstehen zu lassen und eingreifen zu 
„müssen“. Genug, im Frühjahr 1896 wurde die Oongolaexpedition orga- 
nisiert. Die Franzosen wußten genau, daß der englische Feldzug unter 
dem Oberbefehle des Generals Kitchener das Endziel hatte, die britische 
Herrschaft am oberen Ail zu begründen und zu befestigen. Die fran- 
zösischen Absichten auf diese Gebiete waren in England nicht unbekannt 
geblieben. Sir Edward Grey, damals Unterstaatssekretär des Auswärtigen 
Amtes, wies 1895 auf die französische Expedition Marchand hin und 
sagte, er glaube nicht, daß die Nachrichten davon auf Wahrheit beruhten, 
denn wenn sich diese Expedition von Westafrika nach einem Gebiete be- 
gebe, „wo unsere Rechte schon so lange anerkannt sind, so würde das 
nicht nur ein unerwarteter Akt sein, sondern die französische Regierung 
muß genau wissen, daß es ein unfreundlicher Akt wäre und als solcher in 
England betrachtet werden würde“. 
Die französische Regierung ließ sich jedoch nicht beirren, sondern 
rüstete unter der Führung des damaligen Hauptmanne Marchand eine 
Expedition aus. Oiese landete im Sommer 1896 zu Loango an der West-
	        
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