Faschoda — Manila — Samoa. 125
mals schon nicht fernlag. Französische Staatsmänner hatten sich, aller-
dings mit Unterbrechungen, schon seit den achtziger Zahren bemüht, ein
Einverständnis mit Großbritannien anzubahnen. Es hatte sich aber immer
zerschlagen, teils infolge der wachsamen Politik Bismarcks, welche die
beiden Mächte durch koloniale Fragen auseinanderzuhalten wußte, teils
infolge der aktiven Politik großen Stiles, welche Frankreich in Afrika
trieb. Sie mußte in immer schärferen Gegensatz zur britischen Politik
treten, denn es handelte sich hier — man braucht nur das Wort Agppten
zu nennen — um Lebensfragen der britischen Politik im Sinne des Wortes.
Zene französische Afrikapolitik, besonders während der zweiten Hälfte der
neunziger Jahre, wurde mit Konsequenz und Zähigkeit von großen Ge-
sichtspunkten getrieben. Großbritannien war sich dieser Gefahr völlig bewußt.
Oie britischen Staatsmänner, schon lange entschlossen, Agypten nie
wieder zu räumen, nur die öffentliche Erklärung dieser Absicht zu ver-
meiden und von Zeit zu Zeit der jeweiligen Lage angepaßte Vorwände
zu gebrauchen, strebten danach, alle anderen Kolonialmächte von den
Grenzen Agyptens abzudrängen oder sie nicht heranzulassen. Oiesem
Zwecke sollte auch der durch Oeutschland und Frankreich verhinderte
Vertrag mit dem Kongostaate dienen, diesem Zwecke diente die britische
Oongolaexpedition, deren Notwendigkeit die britische Regierung nach
außen mit der Niederlage der Italiener bei Adua begründete. Gewiß
hatte sie insofern recht, als der neue Mahdistenaufstand seinen Anlaß
in der Niederlage Italiens hatte. Anderseits wurde von den Franzosen
behauptet, daß Großbritannien eben an dieser Niederlage der Ztaliener
die Schuld trage, um Unruhen entstehen zu lassen und eingreifen zu
„müssen“. Genug, im Frühjahr 1896 wurde die Oongolaexpedition orga-
nisiert. Die Franzosen wußten genau, daß der englische Feldzug unter
dem Oberbefehle des Generals Kitchener das Endziel hatte, die britische
Herrschaft am oberen Ail zu begründen und zu befestigen. Die fran-
zösischen Absichten auf diese Gebiete waren in England nicht unbekannt
geblieben. Sir Edward Grey, damals Unterstaatssekretär des Auswärtigen
Amtes, wies 1895 auf die französische Expedition Marchand hin und
sagte, er glaube nicht, daß die Nachrichten davon auf Wahrheit beruhten,
denn wenn sich diese Expedition von Westafrika nach einem Gebiete be-
gebe, „wo unsere Rechte schon so lange anerkannt sind, so würde das
nicht nur ein unerwarteter Akt sein, sondern die französische Regierung
muß genau wissen, daß es ein unfreundlicher Akt wäre und als solcher in
England betrachtet werden würde“.
Die französische Regierung ließ sich jedoch nicht beirren, sondern
rüstete unter der Führung des damaligen Hauptmanne Marchand eine
Expedition aus. Oiese landete im Sommer 1896 zu Loango an der West-