Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Faschoda — Manila — Samoa. 131 
  
tracht käme. So war Delcassé auf Warten und auf stilles Arbeiten an- 
gewiesen und auf die Benutzung aller Gelegenheiten, um Meinungsver- 
schiedenheiten zwischen Großbritannien und dem Oeutschen Reiche wirk- 
sam zu benutzen. 
Einen wichtigen Erfolg erreichte Frankreich im Jahre 1899 in Ge- 
stalt nunmehr definitiver italienisch-französischer Annäherung. Der ita- 
lienisch-französische Handelsvertrag kam zustande. 1899 besuchte ein fran- 
zösisches Geschwader unter Admiral Fournier den Hafen von Genua. 
König Humbert kam an Bord des französischen Flaggschiffes und be- 
grüßte in seinem Trinkspruche in warmen Worten die Wiederaufnahme 
der guten Handelsbeziehungen und der alten herzlichen Freundschaft. 
Kurz darauf fand eine gleichzeitige Flottenparade eines italienischen 
und eines englischen Geschwaders statt. König Humbert nahm an einem 
Bankette auf dem Flaggschiffe „Benbow“ teil, und der englische Ge- 
schwaderchef, Admiral Rawson, erklärte: „Ich darf Euren Majestäten 
die Versicherung geben, daß die Gesinnungen Großbritanniens für alle 
Italiener niemals herzlicher waren als jetzt, und ich bin sicher, daß diese 
Gesinnungen gegenseitig sind und stets aufrechterhalten bleiben, um die 
Freundschaft zwischen Italien und Großbritannien zu festigen.“ Wenige 
Tage darauf erklärte der italienische Ministerpräsident, Admiral Canevaro: 
man sei durch die Faschodaangelegenheit und den darauffolgenden eng- 
lisch-französischen Vertrag wegen der italienischen Interessen in Afrika 
beunruhigt worden und habe die beiden Mächte um Ausfschlüsse gebeten. 
Solche seien gegeben worden, und zwar hätten beide Mächte versichert, 
daß sie weder Absichten gegen Tripolis hätten, noch irgend etwas von 
ihrer Seite geschehen werde, was die Handelsbeziehungen zwischen den 
Sebieten von Tripolis und Zentralafrika unterbinden könnte. 
In der Oiekussion des Handelsvertrages mit Frankreich, welcher mit 
gewaltiger Mehrheit in den italienischen Kammern angenommen wurde, 
kam auch das politische Moment zur Geltung. Besonders auf den fran- 
zosenfreundlichen Seiten wurde mit Befriedigung festgestellt, daß Italien 
Selbständigkeit genug zeige, um trotz seiner Zugebörigkeit zum Orei- 
bunde mit Frankreich in engen wirtschaftlichen und sonst freundlichen 
Beziehungen zu stehen. Der Ministerpräsident Canevaro bestätigte, daß 
sich die Beziehungen Frankreichs und Italiens außerordentlich gebessert 
hätten, darin habe der französische Minister Delcassé vollkommen recht. — 
Delcassé hatte sich im gleichen Sinne geäußert. — Oie italienische Flotte 
habe mit der französischen in den kretensischen Angelegenheiten zusammen- 
gewirkt, dasselbe sei mit den Truppen der Fall gewesen. Dieses Zu- 
sammenwirken habe glänzende Ergebnisse gezeitigt. In den Beziehungen 
zwischen Frankreich und Ztalien sei tatsächlich eine Anderung einge- 
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