Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Faschoda — Manila — Samoa. 133 
  
und dessen Stellung im Mittelländischen Meere bliebe. Diesen Sinn 
muß man der erwähnten englisch-italienischen Kundgebung aus dem 
Munde des Admirals Rawson geben. Sie bedeutete gleichzeitig die eng- 
lische Sanktionierung des neuen französisch-italienischen Berhältnisses. 
Gemeinsam versicherten ferner schon damals 1898 Großbritannien und 
Frankreich der italienischen Regierung, daß diese sich wegen Tripolis 
und dessen Eisenbahnverbindungen nach innen keine Sorge zu machen 
brauche. Man war noch weit von der Entente Cordiale des Jahres 1904 
entfernt, aber die Vorzeichen machten sich bemerkbar. Die Zeiten, wo 
Großbritannien und #Ztalien im Mittelländischen Meere vereint standen, 
vereint gegen Frankreich, waren vorbei. Damals war England die Macht- 
ergänzung für den flottenlosen Dreibund im Mittelländischen Meere 
gewesen, seine Stellungnahme: — Erhaltung des Status quo im Mittel- 
meere, — hatte eine Drohung gegen Frankreich bedeutet. 1898 suchte 
Ztalien die Freundschaft des früheren Gegners, nahm seine Tripolisbürg- 
schaft entgegen, schloß den Handelsvertrag mit ihm, empfing den Segen 
Großbritanniens und wandte sich halb entschuldigend, halb trotzig nach 
Norden mit der Bemerkung: seine neue Politik und seine neue Beziehung 
brauchten ja die Dreibundverpflichtungen nicht zu verletzen. Der Um- 
schwung gegenüber 1888 war enorm. 
In den vorhergehenden JZahren und auch nachher noch ist auf italie- 
nischer Seite vielfach geklagt worden, daß die beiden anderen Oreibund- 
mächte, auch das Deutsche Reich, dem südlichen Bundesgenossen zu wenig 
Wohltaten des Dreibundes hätten zugute kommen lassen. Das ist, in 
dieser Form jedenfalls, unrichtig, wohl aber besteht Grund zur Annahme, 
daß die Beziehungen zu Ztalien deutscherseits nicht so sorgfältig, ge- 
schickt und regelmäßig gepflegt wurden, wie es nötig gewesen wäre. Es 
liegt in der Natur solcher Verhältnisse wie der Dreibund war, daß gerade 
die in ihm nicht führenden und von anderen umworbenen Mächte dazu 
neigen, sich „Nebeneinnahmen“ zu verschaffen. Dem kann bis zu einem 
gewissen Grade jedenfalls nur dadurch vorgebeugt werden, daß die Ver- 
bindung und der diplomatische Berkehr mit größter Sorgfalt unterhalten 
werden. Es muß praktische Regel sein, daß zwischen derart verbündeten 
Mächten ohne Unterbrechung alle — auch geringfügige — internatio- 
nale Angelegenheiten behandelt werden, ob sie das Bundesverhältnis 
nun direkt, von weitem oder gar nicht berühren. Die dauernde Fühlung 
wird so hergestellt und oft kann sich Gelegenheit bieten, durch die be- 
kannten „kleinen Geschenke“ die Freundschaft lebendig und den Bundes- 
genossen an der Stange zu halten. Italien gegenüber wäre eine solche 
Politik auch unter der Voraussetzung nützlich und nötig gewesen, daß 
das Deutsche Reich sich für einen Krieg bestenfalls wohlwollende Neu-
	        
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