Faschoda — Manila — Samoa. 133
und dessen Stellung im Mittelländischen Meere bliebe. Diesen Sinn
muß man der erwähnten englisch-italienischen Kundgebung aus dem
Munde des Admirals Rawson geben. Sie bedeutete gleichzeitig die eng-
lische Sanktionierung des neuen französisch-italienischen Berhältnisses.
Gemeinsam versicherten ferner schon damals 1898 Großbritannien und
Frankreich der italienischen Regierung, daß diese sich wegen Tripolis
und dessen Eisenbahnverbindungen nach innen keine Sorge zu machen
brauche. Man war noch weit von der Entente Cordiale des Jahres 1904
entfernt, aber die Vorzeichen machten sich bemerkbar. Die Zeiten, wo
Großbritannien und #Ztalien im Mittelländischen Meere vereint standen,
vereint gegen Frankreich, waren vorbei. Damals war England die Macht-
ergänzung für den flottenlosen Dreibund im Mittelländischen Meere
gewesen, seine Stellungnahme: — Erhaltung des Status quo im Mittel-
meere, — hatte eine Drohung gegen Frankreich bedeutet. 1898 suchte
Ztalien die Freundschaft des früheren Gegners, nahm seine Tripolisbürg-
schaft entgegen, schloß den Handelsvertrag mit ihm, empfing den Segen
Großbritanniens und wandte sich halb entschuldigend, halb trotzig nach
Norden mit der Bemerkung: seine neue Politik und seine neue Beziehung
brauchten ja die Dreibundverpflichtungen nicht zu verletzen. Der Um-
schwung gegenüber 1888 war enorm.
In den vorhergehenden JZahren und auch nachher noch ist auf italie-
nischer Seite vielfach geklagt worden, daß die beiden anderen Oreibund-
mächte, auch das Deutsche Reich, dem südlichen Bundesgenossen zu wenig
Wohltaten des Dreibundes hätten zugute kommen lassen. Das ist, in
dieser Form jedenfalls, unrichtig, wohl aber besteht Grund zur Annahme,
daß die Beziehungen zu Ztalien deutscherseits nicht so sorgfältig, ge-
schickt und regelmäßig gepflegt wurden, wie es nötig gewesen wäre. Es
liegt in der Natur solcher Verhältnisse wie der Dreibund war, daß gerade
die in ihm nicht führenden und von anderen umworbenen Mächte dazu
neigen, sich „Nebeneinnahmen“ zu verschaffen. Dem kann bis zu einem
gewissen Grade jedenfalls nur dadurch vorgebeugt werden, daß die Ver-
bindung und der diplomatische Berkehr mit größter Sorgfalt unterhalten
werden. Es muß praktische Regel sein, daß zwischen derart verbündeten
Mächten ohne Unterbrechung alle — auch geringfügige — internatio-
nale Angelegenheiten behandelt werden, ob sie das Bundesverhältnis
nun direkt, von weitem oder gar nicht berühren. Die dauernde Fühlung
wird so hergestellt und oft kann sich Gelegenheit bieten, durch die be-
kannten „kleinen Geschenke“ die Freundschaft lebendig und den Bundes-
genossen an der Stange zu halten. Italien gegenüber wäre eine solche
Politik auch unter der Voraussetzung nützlich und nötig gewesen, daß
das Deutsche Reich sich für einen Krieg bestenfalls wohlwollende Neu-