158 2, Abschnitt. Weltpolitische Mühen ohne zureichende Mittel. 1895—1903.
schwierig. Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Geschwader-
chefs über das Blockaderecht kamen hinzu, daneben das erwähnte ameri-
kanische Mißtrauen wegen deutscher Absichten auf die Phbilippinen.
Es handelte sich also teilse um Stimmungen und Mißverständnisse,
teilö um Bagatellen, deren Erwähnung sich erübrigen würde, wenn nicht
eben die Legende von angeblichem Fehlen einer aufrichtigen deutschen
Neutralität für so lange Jahre die deutsch-amerikanischen Beziehungen
schädlich beeinflußt hätte. Die großbritannische Politik tat schon seit Mitte
der neunziger Jahre durch Kabel, Presse, Diplomatie und mündliche
Agitation alles Denkbare, um in den Bereinigten Staaten Mißtrauen
und Ubelwollen gegen das Oeutsche Reich und Volk zu erregen.
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Im Herbst 1899 wurde endlich die Samoafrage definitiv geordnet.
So gering bisher die Bedeutung der Samoainseln an und für sich
auch war und ist, so knüpften sich doch schmerzliche und empfindliche Er-
innerungen an sie. Das Unverständnis eines Teiles des Deutschen Reichs-
tages hatte einst die Bemühungen des Fürsten Bismarck vereitelt, die
ganze Samoagruppe für das Oeutsche Reich zu erwerben. Im Laufe der
ZJahre wuchsen mit den deutschen auch die englischen, aber besonders die
amerikanischen IZnteressen auf der Samoagruppe. Oie dann eingerichtete
Oreiherrschaft führte zu unerträglichen Verhältnissen. Thronstreitig-
keiten auf den Inseln wurden hauptsächlich von den Amerikanern hervor-
gerufen und benutzt, um den deutschen Einfluß zu untergraben, die auf
Samoa wohnenden Oeutschen schlecht zu behandeln, den deutschen Konsul
zu brüskieren und den Kommandanten des einzigen dort weilenden
deutschen Kreuzers zu einer Rolle zu verurteilen, die in Deutschland
große Erregung verursachte, auch des Deutschen Reiches wenig würdig
war. Die Vereinigten Staaten waren durch mehrere Schiffe vor Samoa
vertreten, und zwar unter dem Befehle eines Konteradmirals. Nach
Maßgabe seines höheren Ranges gab dieser dem deutschen Kommandanten
Weisungen oder handelte über seinen Kopf weg und verhinderte ihn,
im Sinne der deutschen Interessen aufzutreten, während die englischen
und amerikanischen Schiffe im Gegensatze zu den deutschen Interessen
emsig und tätig eingriffen. Es dürfte nur den strikten Weisungen aus
Berlin zu verdanken gewesen sein, daß der deutsche Kommandant in
seiner rein passiven Rolle blieb. Wäre er aus ihr herausgetreten, so hätte
er in den Kämpfen der Eingeborenen auf Samoa im gegenteiligen Sinne
Partei nehmen müssen wie die amerikanischen Schiffe, und ein bewaff-
neter Zusammenstoß wäre möglich geworden. Das hätte dann wieder
einen schweren Konflikt zwischen den beiden Großmächten bedeutet.