Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

146 2. Abschnitt. Weltpolitische Mühen ohne zureichende Milttel. 1895—1903. 
  
Frankreich und Rußland intervenieren. — Es ist so gut wie unmöglich, 
daß der Deutsche Kaiser bzw. die deutsche Reichsregierung derartige Ver- 
sicherungen abgegeben haben könnten, denn diese hätten einmal im Gegen- 
satze zu allen Erfahrungen gestanden, die man gelegentlich des Krüger- 
telegramms gemacht hatte, und in ebenso scharfem Gegensatze zu dem 
Kurse, welchen die Politik des ODeutschen Reiches seitdem konsequent 
befolgt hatte. Daß eine rein diplomatische Unterstützung den Buren 
versprochen worden sei, ist nicht unmöglich, unglaublich jedoch, daß 
Präsident Krüger auf eine solche Hilfe irgendwelche Hoffnungen gesetzt 
hätte. Präsident Krüger kannte die britische Politik gut genug, zu wissen, 
daß eine sogenannte diplomatische Intervention ohne Einfluß bleiben 
würde. 
Oazu kam, daß schon im Frühjahr 1899 die deutsche Reichsregierung, 
und zwar zusammen mit der holländischen Regierung, dem Präsidenten 
Krüger geraten hatte, den britischen „Reform“forderungen nachzugeben. 
Darüber, daß im Kriegefalle eine wirksame, tatsächliche deutsche Hilfe 
unmöglich sei, hatte die deutsche Regierung ebenso wie früher keinen 
Zweifel gelassen. 
Ein Bermittlungsvorschlag des Präsidenten der Bereinigten Staa- 
ten, Mr. Mac Kinlep, wurde am 15. März 1900 von Lord Salisbury dahin 
beantwortet, daß Großbritannien nicht die Absicht habe, die Bermitt- 
lung einer fremden Macht in Südafrika anzunehmen. Um die gleiche 
Zeit wurde die deutsche Antwort in Pretoria bekanntgemacht, welche 
auf die Bitte der südafrikanischen Republiken um Bermittlung zur Her- 
stellung des Friedens eingelaufen war: die deutsche Regierung sei zu 
freundschaftlicher Bermittlung bereit, sobald beide Gegner eine solche 
wünschten. Ob auf englischer Seite dieser Wunsch vorhanden sei, müßten 
die Burenrepubliken durch Nachfrage feststellen, entweder direkt in Lon- 
don oder durch die guten Oienste einer Regierung, die keine eigenen 
wichtigen Interessen in Südafrika wahrzunehmen habe. Letztere Vor- 
aussetzung träfe nicht für Oeutschland zu, und jeder derartige Schritt 
würde „daher den Berdacht erwecken, daß wir andere als humanitäre 
Zwecke verfolgen, und das dadurch vermehrte Mißtrauen würde der 
Sache des Friedens nicht dienlich sein“. 
Nach der Lage der Oinge war dieser Standpunkt richtig, zumal in 
Anbetracht der Gewißheit, daß England sich durch Bermittlungevorschläge 
nicht beeinflussen lassen würde. Auch der Hinweis auf die deutschen 
Interessen in Südafrika war durch die Sachlage und durch die Nichtung 
der deutschen Politik jener Jahre begründet: man wollte, wo cs5 das 
eigene Interesse nicht dringend forderte, nicht in politisch unnötige Miß- 
stimmung mit England geraten. Ein deutscher Vermittlungsversuch wäre
	        
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