Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Deutschland und England während des Burenkrieges. 151 
  
Konterbande zu durchsuchen. Diese Untersuchung dauerte längere Zeit, 
und die Erregung der deutschen Bevölkerung steigerte sich von Tag zu 
Tag. Oer deutsche Botschafter in London, Fürst Hatzfeldt, verlangte 
am 4. Januar sofortige Freilassung des „Bundesrat“ unter Vorbehalt 
weiterer Entscheidungen. Am 5. Januar, nach der Beschlagnahme des 
„General“, wurde der Botschafter in sehr scharfer Form vorstellig. Die 
deutsche Note enthielt u. a. den folgenden Satz: „Ich bin ferner ange- 
wiesen, Eure Exzellenz zu ersuchen, daß den Kommandeuren britischer 
Schiffe in afrikanischen Gewässern ausdrückliche Weisungen zu dem Ende 
gesandt werden, das internationale Recht zu achten und dem Handel 
zwischen Neutralen keine weiteren Hindernisse in den Weg zu legen.“ 
Die „Kölnische Zeitung“ veröffentlichte anderthalb Wochen später einen 
inspirierten, überaus scharfen Artikel, in dem von England verlangt 
wurde, „der bis jetzt beliebten Verschleppung ein Ende zu machen . 
daß aufs schleunigste das bedauerliche Vorgehen der englischen Kapitäne 
wieder gut gemacht wird, und daß Sicherheiten gegen die Wiederholung 
solcher aufreizenden Beschlagnahmen deutscher Postschiffe geboten wer- 
den. Legt die englische Regierung Gewicht darauf, die bisherigen Be- 
ziehungen zu Deutschland nicht vollends zu untergraben, so wird sie gut 
tun, der deutschen Bolkêöstimmung eine größere Beachtung zu schenken, 
als sie dieses biöher für gut befunden hat.“ 
Lord Salisbury drückte in einer Note vom 17. Januar sein Erstau- 
nen über die schroffe Sprache der deutschen Noten und darüber aus, 
daß diese dem britischen Schiffekommandanten Mißachtung des inter- 
nationalen Rechtes unterstellen. Die Note hob weiter einige angebliche 
Verdachtsgründe hervor und die Schwierigkeiten der Ourchsuchung der 
Ladung des Schiffes. Uberdies müßten die Berichte der Kommandanten 
abgewartet werden usw. 
Es ist ohne besonderes Interesse, auf die Einzelheiten dieser Fälle 
einzugehen, nur bemerkenswert, daß, wie aus den obigen Proben er- 
sichtlich ist, die Sprache der deutschen Regierung eine außerordentlich 
scharfe war, wohl zu einem beträchtlichen Teile infolge der hohen öffent- 
lichen Erregung in Deutschland. Oiese war geneigt, eine englische Schi- 
kane, zum mindesten eine weitgehende Mißachtung und Geringschätzung 
der deutschen Rechte in der Beschlagnahme der Schiffe zu erblicken. Um 
eine Schikane hat es sich aber zweifellos nicht gehandelt und um eine 
Mißachtung der Rechte auch nicht, sondern im wesentlichen um die über- 
lieferungemäßige britische Uberhebung hinsichtlich „legitimer Beherrschung 
der Meere“ und den Nbereifer der maritimen Befehlöhaber, die durch 
unwahre Denunziationen veranlaßt worden waren, Berdachtsgründe gegen 
die deutschen Schiffe anzunehmen. Ein Seekriegsrecht gab es im Jahre
	        
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