XVIII Zur Einführung.
geschlossen sei und deshalb erstrebt werden müsse. Herr Valentin war also
in der Tat etwas zu spät gekommen.
Biel wichtiger als diese Tatsache und überhaupt als die Person des
Herrn Professors Balentin und das, was er schrieb — viel wichtiger ist
das, was er sollte und was der Zweck dieser seiner Tätigkeit war.
Auf Grund von Tatsachen, die jeder weitere Monat des Krieges
als unwiderleglich bestätigt hat, ist in dem vorliegenden Buche geschil-
dert worden, wie die Politik des Deutschen Reiches unter der Führung
des Reichskanzlers, Herrn v. Bethmann Hollweg, sich als ihren Angel-
punkt und als ihren Zweck, dem alles unterzuordnen war, eine sogenannte
Verständigung mit Großbritannien gesetzt hatte. Es wird geschildert, wie
keine Tatsachen, keine Krisen und keine Rückschläge den Deutschen Reichs-
kanzler von dieser Politik abbringen konnten. Erst die britische Kriegs-
erklärung an jenem Augusttage des Jahres 1914 veranlaßte den Reichs-
kanzler zudem unumwundenen Zugeständnis an den scheidenden Botschafter
Sir E. Goschen: hiermit stürze seine ganze Politik wie ein Kartenhaus
zusammen.
Diese Politik ist in der Tat den wirklichen Berhältnissen und treibenden
Kräften nicht entsprechend gewesen und hat weitesttragende Folgen gezeitigt.
Und dazu muß immer hervorgeboben werden, daß die Berständigungspolitik
des Reichskanzlers keineswegs allgemein in Deutschland geteilt wurde. Der
Schöpfer und Organisator der deutschen Marine, Großadmiral v. Tirpitz,
bat diese Politik niemals gebilligt, sondern die großbritannische Politik wie
ihre Pläne immer klar und richtig erkannt; das ist geschichtlich. Die Politik
und alle Auffassungen und Voraussagen des Staatssekretärs des Reichs-
Marine-Amtes wurden durch den Eintritt Großbritanniens in den Krieg be-
stätigt, die des Deutschen Reichskanzlers erwiesen sich als unzutreffend.
Das vorliegende Buch hat diesen Gang der Dinge, wenn auch nur
in großen Zügen, festgestellt, und deshalb griff der beim Auswärtigen
Amte beschäftigte Professor Beit Balentin zur Feder, um vor dem Buche
und dem Autor öffentlich zu warnen. Seine Feststellung von Unterschie-
den zwischen den neuen Auflagen und der ersten und zweiten konnte
für einen nüchternen Beurteiler nicht als Borwand ausreichend für eine
derartige Verfluchung angesehen werden.
Valentin ist voll Entrüstung, daß von der dritten Auflage an England
als Seele und Triebfeder der gegen Oeutschland gerichteten Koalition
und als eigentlicher Anstifter des Weltkrieges dargestellt wird. Er schreibt:
„Oie Tendenz Reventlows, England als den Anstifter alles Bösen und das
Haupt einer durch zehn ZJahre konsequent betriebenen Verschwörung
gegen Oeutschland hinzuftellen, kommt an manchen Stellen seines Buches
in geradezu belustigender Weise zum Vorschein.“ Zn der ersten und zwei-