Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Zur Einführung. XIX 
  
ten Auflage hat auch diese Frage in vielen wesentlichen Punkten offen- 
gelassen werden müssen. Beiläufig bemerkt, bin ich heute noch überzeugt, 
daß König Eduard an und für sich insofern friedliebend war, als er die 
Demütigung Oeutschlands lieber ohne Krieg herbeigeführt haben würde. 
Der Auöbruch des Krieges und das, was er nachher an Ereignissen und 
Enthüllungen gebracht hat, fordert gebieterische Berichtigung, Ergänzung 
und Feststellung, wo vorher nur Ansichten, Hypothesen und sktizzenhafte 
Schilderungen möglich waren. Balentin aber sagt in überlegener Fronie: 
„In der ersten Auflage hat Reventlow selbst auch noch so gedacht; in der 
dritten Auflage ist er klüger geworden. Warum? Znzwischen ist der 
Krieg ausgebrochen! . vor Tisch las man's anders!“ Professor Eduard 
Meper fügt hinzu: „Gewiß: aber „nders lesen“ würden wir auch, wenn 
uns Thukydides' erste Skizzen aus der Zeit vor dem Ende des Krieges 
erhalten wären, und sehr anders lesen wir z. B. bei Treitschke und Sybel 
in ihren Aufsätzen und Reden aus der Konfliktszeit und in den Werken, 
die sie geschrieben haben, als der Krieg die Entscheidung und die Klärung 
auch über die Vergangenheit (z. B. über eine damals so hart umstrittene 
Konvention mit Rußland 1863) gebracht hatte. Mit seinen Sätzen spricht 
Valentin nicht dem Grafen Reventlow das Urteil, wohl aber sich selbst 
und seiner Befähigung für selbständige geschichtliche Arbeit und gar für 
die Aufgaben eines politischen Historikers." 
Einer anderen abfälligen Kritik mit obligater Unterstellung bös- 
williger Tendenz muß noch Erwähnung getan werden, und nicht zwar 
um der Selbstverteidigung willen, sondern weil der Gegenstand auch an 
sich des Znteresses nicht entbehrt. 
Es handelte sich, wie zur Erklärung bemerkt sei, um den ersten Balkan- 
krieg, welcher im Herbst 1912 ausbrach. In derersten Auflage standen die folgen- 
den Sätze: „Wie dem Verfasser der verstorbene Staatesekretär v. Kiderlen-- 
Waechter sagte, und zwar vor Ausbruch des Krieges, hat er damals mehr- 
fach die Hochfinanz vertraulich warnen lassen, auch einige ihrer Bertreter 
persönlich gewarnt. Oie Kurse waren damals so hoch getrieben worden, 
daß auch ohne Eintritt des Krieges ein empfindlicher Rückschlag für das 
wirtschaftliche Leben kaum ausgeblieben wäre. Der Staatssekretär wies 
aber besonders auf die mögliche Gefahr der Balkankrisen hin. Eine Wir- 
kung blieb aus, und wenige Tage später erfolgte jener Zusammenbruch 
an den Börsen, welcher dem Deutschen Reiche viel Geld gekostet hat.“ 
Statt dessen steht in den folgenden Auflagen: „Auf deutscher wie auf 
österreichisch-ungarischer Seite .. täuschte man sich nicht nur über die 
Wahrscheinlichkeit des Kriegsausbruchs, sondern auch vollkommen über 
die Stärkeverhältnisse. v. Kiderlen-Waechter war bei Beginn des HKrieges 
der sichern Uberzeugung, die Türken würden sich ibrer vielen Feinde 
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