178 2. Abschnitt. Weltpolitische Mühen ohne zureichende Mittel. 1895—19053.
Festlandmächte Rußland, Deutschland, Frankreich; dann löste sich 1900
das Deutsche Reich scheinbar aus diesem Dreiverbande und begab sich
durch den Bangtsevertrag gewissermaßen in eine Mittelstellung; Groß--
britannien versuchte, e5 ganz auf die Seite England-Zapan binüberzu-
ziehen, aber der Versuch mißlang. Den Prüfstein und zugleich den Stein
des Anstoßes bildete die Frage der Mandschurei, welche für England von
höchster Bedeutung und für Japan eine Lebensfrage war. In der Aus-
legung des Vangtsevertrages hatte die japanische Regierung durch den
Mund des Ministers des Auswärtigen erklärt: Die Erklärung des Grafen
Bülow über die Auslegung dieses Abkommens berühre Japan nicht.
Zapan habe, als es dem Abkommen beitrat, die klare (englische) Deutung
angenommen und gedenke an dieser Auslegung festzuhalten.
Schon im Jahre 1898, als Kiautschou von Deutschland und Port
Arthur von Rußland gepachtet wurde, tauchte in der englischen Presse
der Gedanke an ein Bündnis mit Japan auf. Später, so erzählte in seinen
leider nur zu einem kleinen Bruchstücke veröffentlichten Denkwürdig-
keiten der damalige japanische Botschafter in London, Graf Hayaschi,
habe Chamberlain einmal gelegentlich eines Bankettes Hayaschis Vor-
gänger, Baron Kato, auf die Vorteile aufmerksam gemacht, welche ein
englisch-japanischer Meinungsaustausch über die ostasiatische Politik haben
könne. Nach Hapaschi haben diese Andeutungen, deren Datum er übrigens
nicht nennt, zunächst keine ernsthaften Folgen gehabt. Immerhin aber
zeigt eine Reihe von Symptomen, u. a. Lord Salisburps dringende Auf-
forderung an Japan im Jahre 10900: einzugreifen, England werde die
Kosten tragen, — daß die beiden Mächte sich bewußt und einig waren,
auf derselben Seite zu stehen. Japan war sich um die Jahrhundertwende
darüber klar, daß es angesichts der in Ostasien bevorstehenden Kompli-
kationen nicht alleinstehen könne. Es handelte sich um die Frage eines
Bündnisses, entweder mit Großbritannien oder mit Rußland. Die An-
sichten der japanischen Staatsmänner waren geteilt, wie auch Haypaschi
erzählt, und man nahm im Frühjahr 1901 zugleich beiden Mächten gegen-
über einen Anlauf. Nach den Hayaschischen Denkwürdigkeiten wäre es
dabei freilich merkwürdig genug zugegangen, nämlich folgendermaßen:
Im März oder April 1901, so erzählt der Botschafter, kam der deutsche
Geschäftsträger in London, Baron Eckardtstein, mehrmals zu ihm und
sagte: nach seiner Privatansicht sei zur Erhaltung des Friedens in Ost-
asien nichts besser als ein Bündnis zwischen England, Japan und Deutsch-
land. Er wisse, daß die führenden britischen Staatemänner der gleichen
Ansicht seien. „In Oeutschland sei zwar das Wolk sehr antienglisch ge-
stimmt, die deutsche Regierung jedoch durchaus nicht. Im Gegenteile,
zwei hochgestellte deutsche Persönlichkeiten seien für den Dreibund Eng-