Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Entscheidungen und Scheidungen. 187 
  
die japanische Regierung, sie sehe die Lage als unhaltbar an und habe 
den Abbruch der Verhandlungen beschlossen. Am 8. Februar abends 
überfielen japanische Torpedoboote Teile der russischen Flotte auf der 
Reede von Port Arthur, nachdem am 7. schon japanische Truppen an der 
Südostspitze von Korea gelandet waren. — 
Der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in ÖOstasien hatte 
begonnen. Sein Verlauf bedeutete für Japan eine Lebensfrage. Natur- 
gemäß schoben die beiden Mächte in verschiedenen diplomatischen Rund- 
erlassen die eine der anderen Vertragsbruch, Illoyalität und alles mögliche 
andere zu. Das konnte weder an dem Verlaufe des Krieges, noch an 
der Haltung der übrigen Mächte etwas ändern. Sie erklärten sämtlich 
ihre Neutralität. 
Wie Rußland die Stellung der Mächte damals auffaßte, ist in dem 
Generalstabswerke über den Krieg in charakteristischer Weise dargelegt 
worden: 
„England als Verbündeter Japans war in jenen Tagen unser Haupt- 
feind. Durch Abschluß des Bündnisses mit Japan hatte es diesem sowohl 
moralische als auch materielle Unterstützung erwiesen, denn es bot ihm 
jenen Rückhalt, ohne dessen Vorhandensein sich die Japaner schwerlich 
zu ihrem verzweifelten und energischen Vorgehen entschlossen hätten.“ 
England habe verschiedentlich auch während des Krieges seine versprochene 
Neutralität beiseite gelassen. — Die Bereinigten Staaten seien zunächst 
durchaus auf seiten Japans gewesen, gerst im Laufe der Zeit begann 
die feindselige Stimmung Amerikas sich allmählich zu legen, und viele 
Amerikaner erkannten, daß die wirklichen Interessen der Bereinigten 
Staaten einen Sieg nicht der japanischen, sondern der russischen Waffen 
verlangten.“ 
„In dem im fernen Osten begonnenen Kampf war der Rücken Ruß- 
lands, der sich in diesem Falle an die Westgrenze lehnte, gesichert. Deutsch-- 
land und sein Monarch verblieben treu den Traditionen, die die Häuser 
Romanow und Hohenzollern von alters her verbanden. Kaiser Wilhbelm 
erkannte den Heroismus der russischen Armee an und war selbst in Kleinig- 
keiten bemüht, sein Wohlwollen gegen Rußland und seine Vertreter 
zu beweisen. Da wir indessen befürchteten, daß unter dem Lärm des 
russisch-japanischen Kampfes auch in Europa selbst Verwicklungen ent- 
stehen möchten, so konnten wir uns lange nicht entschließen, an die Gefahr-- 
losigkeit unserer europässchen Grenze zu glauben, weshalb wir in den 
ersten Monaten des Krieges von europäischen Truppen nur zwei Reserve- 
divisionen zu verwenden wagten, von denen letztere für den Feldzug 
ungenügend vorbereitet waren.“ 
„Frankreich habe versucht, bei wohlwollender Neutralität sich nützlich
	        
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