Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Dritter Abschnitt. 
Vor und nach Algeciras. 
1903—1908. 
Die „glücklich vollendete Annäherung“. 
Die „Schmach von Faschoda“ hatte dem französischen Minister 
Mr. Oelcassé die Möglichkeit gegeben, auf kolonialem Gebiete mit Eng- 
land reinen Tisch zu machen und — neben den direkt damit verbundenen 
Zielen — politische Kräfte und Möglichkeiten frei zu bekommen, um sich 
energisch nach anderen Seiten zu wenden. Eine solche Seite war vor 
allem das Mittelmeer. 
Durch den Handelsvertrag mit Italien war das Eis endgültig ge- 
brochen worden, schon hatte der derzeitige italienische Minister des Aus- 
wärtigen von der „herzlichen Freundschaft und dem Verständnisse zwi- 
schen den beiden rassengleichen Völkern“ gesprochen. Hier galt es, weiter 
zu arbeiten, zumal die Gelegenheit für Frankreich dauernd günstig war. 
Italien sah sich von Großbritannien wie von Frankreich umworben, sah 
gleichzeitig das deutsch-englische Berhältnis schlechter werden: die Fol- 
gerung war für die Entwicklung der Mittelmeerpolitik einfach. Beide 
Westmächte hatten, 1899 und 1902, Stalien Tripolis gewissermaßen re- 
serviert. Frankreich zeigte im besonderen andauernd edles Mitgefühl 
für das von den beiden anderen Oreibundmächten so stiefmütterlich be- 
handelte Italien, welches gezwungen würde, eine unerträglich schwere 
Rüstung zu tragen und tatsächlich gar keinen Nutzen davon habe. In 
Wirklichkeit war die Sache so gewesen, daß Italien es allein dem Drei- 
bunde zu verdanken hatte, wenn es in den zehn Zahren des Handelzs- 
krieges mit Frankreich wirtschaftlich nicht ruiniert worden war, sondern 
im Gegenteil gedieh. Diese Erkenntnis bildete während jener zehn Jahre 
auch für italienische Staatsmänner, die ihrer persönlichen Reigung nach 
dreibundfeindlich und franzosenfreundlich empfanden, einen Grund, nicht 
nur am Oreibunde festzuhalten, sondern ihm auch in den Abzweigungen 
des Hauptstammes der italienischen Politik treu zu bleiben. Nach Her-
	        
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