Venezuela — Die, Bereinigten Staaten. 211
Spanisch-Amerikanischen Krieges hatten ein Mißtrauen und eine Un-
freundlichkeit der Stimmung dort erzeugt, welche in das Phantastische
und Krankhafte gingen. Eine Besuchsreise des Prinzen Heinrich von Preu-
ßen nach den Vereinigten Staaten war im Februar und März 1902 unter-
nommen worden, um die öffentliche Meinung der Bereinigten Staaten
von ihren Vorurteilen gegen ODeutschland zu befreien. Die Reise war in
ihrer Art gelungen, sie nahm einen sogenannten glänzenden Verlauf, und
mit Freundschaftsversicherungen wurde nicht gespart. Der Präsident
Roosevelt telegraphierte dem Prinzen Heinrich noch bei seiner Abreise:
das tatsächlich Gute seines Besuches läge darin, daß er ein Gefühl der Freund-
schaft zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gefördert habe.
Auf seiner Reise von einer amerikanischen Stadt zur anderen war dem
Prinzen mit denselben oder anderen Worten das gleiche gesagt worden.
Der ausgezeichnete amerikanische Botschafter in Berlin, Mr. White,
nahm Gelegenheit, noch einmal, wie schon vor Jahren, auf das nach-
drücklichste zu versichern, die deutsche Neutralität während des Spa-
nisch-Amerikanischen Krieges sei unanfechtbar, dabei nicht nur korrekt,
sondern freundlich gewesen. „Es ist unwiderleglich bewiesen worden,
daß der verehrte und allbeliebte Herrscher dieses Landes (des Deutschen
Reiches) aufs entschiedenste sich weigerte, an irgendwelchen Schritten teil-
zunehmen, die als Einmischung in den Streit ausgelegt werden konnten,
und daß er seine Weigerung in einer Weise zum Ausdrucke brachte, daß
kein Zweifel darüber bestehen konnte, er respektiere die Motive und ver-
stehe die Gefühle der amerikanischen Regierung.“
Dieser letzte Satz des Botschafters bezog sich auf eine aufsehen-
erregende diplomatische VBeröffentlichung im „Deutschen Reichsanzeiger“
kurz vor der Abreise des Prinzen Heinrich von ODeutschland. Das amt-
liche Organ sagte: man habe im englischen Parlamente verschiedentlich
erörtert, wie die einzelnen Nächte sich während des Spanisch-Ameri-
kanischen Krieges zur Frage einer Einmischung verhalten hätten. Zur
Klärung dieser Frage würden hiermit die zwei amtlichen Schriftstücke
veröffentlicht. Das eine von ihnen war eine Oepesche des deutschen
Botschafters v. Holleben zu Washington vom Frühjahr 1898: der dortige
britische Botschafter habe in auffälliger Weise die Initiative zu einem
Kollektivschritt der Mächte ergriffen, vermutlich als Folge einer Bitte
der Königin-Regentin von Spanien bei der Königin von England. Der
englische Botschafter regte bei dem diplomatischen Korps eine Kund-
gebung an, die erklären sollte, daß die Mächte eine bewaffnete Inter-
vention der Vereinigten Staaten auf der Insel Kuba nicht für gerecht-
fertigt hielten. Der Präsident der Vereinigten Staaten habe ja selbst in
seiner Botschaft gesagt, daß er die bewaffnete Intervention nur dann wolle,
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