Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Die Entente Cordiale — Marokko — Hull — Kiel. 227 
  
  
Regierung und ihrer dauernden Unfähigkeit, Gesetz und Ordnung auf- 
recht zu erhalten, oder infolge irgend-(l) einer anderen Ursache, deren 
Vorhandensein von beiden Teilen anerkannt wird, der Status quo nicht 
länger aufrecht erhalten werden kann, so mag Spanien frei sein Recht 
der Aktion in dem betreffenden Gebiete ausüben. Für diesen Fall des 
Ausübens verpflichtet sich Spanien, unter keinen Umständen die Hilfe 
einer fremden Macht anzurufen. Wenn militärische Aktionen notwendig 
sind, soll die andere vertragschließende Macht unmittelbar in Kenntnis 
gesetzt werden.“ Im übrigen erörtert das Abkommen alle denkbaren 
Einzelheiten und verpflichtet die beiden Mächte, alle öffentlichen Ar- 
beiten in Marokko und alle wirtschaftlichen Unternehmungen nur fran- 
zösischen und spanischen Unternehmern zu übergeben. 
Dieses Abkommen wurde der englischen Regierung amtlich mit- 
geteilt, und die Note wies besonders darauf bin, daß es vollinhaltlich 
geheim zu halten sei. Lord Lansdowne antwortete darauf: „OSch brauche 
nicht zu sagen, daß der vertrauliche Charakter der Konvention zwischen 
dem Präsidenten der französischen Republik und dem Könige von Spanien 
betreffend die französischen und die spanischen Interessen in Marokko 
von uns in vollem Maße anerkannt und gebührende Beachtung 
finden wird.“ 
Diese vier Abkommen und der letzterwähnte französisch-englische 
Notenwechsel bilden also ein „Ganzes“, allerdings in eigentümlicher 
Weise. Das öffentliche und das geheime Abkommen zwischen Frank- 
reich und England ergänzen einander zum Teil, teils widersprechen sie 
einander. Sie sind ein Muster diplomatischer contradictio in adjecto. 
Das öffentliche und das gebeime französisch-spanische Abkommen wider- 
sprechen einander von A bis 8. Das öffentliche Abkommen sollte nur 
täuschen, außerdem keinen Verdacht der Tatsache aufkommen lassen, daß 
Frankreich und Spanien sich über eine Teilung Marokkos geeinigt hätten. 
Der französisch-englische Notenwechsel dagegen gab Großbritannien 
einerseits die Sicherheit, über alles, was von Frankreich und Spanien ge- 
schehen sollte, auf dem laufenden zu bleiben, anderseits bestätigte er 
diesen beiden Mächten, daß die britische Regierung mit der beabsich- 
tigten Teilung und der Art ihrer Ausführung einverstanden war. 
Ehe wir auf die politischen Ereignisse, die folgten, eingehen, ist die 
Beantwortung der Fragen nötig: 1. wie geartet war die internationale 
Stellung Marokkos bis dahin, 2. welches war die bisherige Stellung 
Deutschlands zu Marokko? 
Für die internationale Stellung Marokkos war die Konvention von 
Madrid vom Zahre 1880 maßgebend. Sie bildete das Ergebnis der ersten 
internationalen Marokkokonferenz. 
13“
	        
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