Zur Einführung. XXV
welche sich über die Richtung und das Ziel des britischen Anmarsches
durchaus klar waren. Auch hier steht an erster Stelle Großadmiral v. Tir-
pitz. Die Einfachheit der Formel der britischen Politik mußte auch für
jeden klar sein, der die Geschichte Großbritanniens und die Unveränder-
lichkeit des britischen Charakters sowie die Lebensbedingungen des Insel-
reiches kannte und politisch einzuschätzen fähig war.
Die ODarstellung der auswärtigen Politik des Deutschen Reiches, wie sie
im vorliegenden Buche versucht worden ist, gliedert sich mit natürlicher Not-
wendigkeit in eine Anzahl größerer Abschnitte. Der erste Abschnitt beschäftigt
sich beinahe ausschließlich mit den Grundlagen der von 1890 an rechnenden
politischen Periode und der Amtsführung Caprivis, die sich daran anschloß.
Der Ubergang vom ersten auf den zweiten Kanzler begriff nur eine kurze Zeit-
spanne, war aber sehr reich an weittragenden Ereignissen, an folgen-
schweren Vorgängen und an Ursachen späterer bedeutungsvoller Wir-
kungen. Der Verfasser hat auch für notwendig gehalten, hier, allerdings
in äußerster Kürze, ein Bild der europäischen Lage am Ende der Bics-
marckischen Amtsführung zu geben; ohne eine solche Sktizze wäre das
Nachfolgende nicht genügend verständlich gewesen, weil sonst die Boraus-
setzungen und Ursachen der nachher zu schildernden Zeit gefeblt hätten. Sie
durften auch nicht als bekannt angenommen werden. Aus den gleichen
Gründen ist innerhalb dieses ersten Abschnittes ein besonderes Kapitel
„Die Lücke in der Rüstung des Dreibundes“ eingefügt worden. Sie be-
schäftigt sich mit unserem damaligen Bundesgenossen Italien und er-
läutert die Vorgeschichte und Geschichte seiner Stellung zum Oreibunde.
Wie in dem Vorworte zur ersten Auflage geschrieben wurde: „hat der
Verfasser sich zu dieser scheinbar teilweise aus dem Rahmen des Ganzen
etwas herausfallenden Ausführung entschließen zu müssen geglaubt, weil
er für besonders wichtig hält, daß dieser Punkt in der deutschen Offentlich-
keit mehr Berständnis finde, vor allem mehr beachtet werde, als es gemein--
hin geschieht“. Auch heute, im dritten Kriegsjahre, entspricht dieses der
Ansicht des Verfassers. Die Stellung Italiens im Oreibunde war letzten
Endes durch die geographischen Verhältnisse Italiens am Mittelländischen
Meere bedingt, nach der positiven Seite sowohl als nach der negativen.
Die Stellung IZtaliens zum Oreibunde bing ferner aufs engste zusammen
mit den Beziehungen zwischen Großbritannien und Frankreich und der
Art des deutsch-britischen Berhältnisses. Diese Tatsachen sind vielen Deut-
schen erst während des Krieges einigermaßen klar geworden, weil die
vergangenen Dreibundjahrzehnte der Erinnerung entschwunden waren,
es auch eine übersichtliche Darstellung dieser interessanten Entwicklung
nicht gab. Der Berfasser ist, nebenbei bemerkt, nicht der Auffassung, daß
der Abfall Italiens im Frühsommer 1915 mit einer sozusagen schicksal-