Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Die beiden Konferenzen: Algeciras und Haag. 297 
  
nischen Krieges aus. Dieser fand durch den Frieden von Portsmouth Au- 
gust 1905 seinen Abschluß, und nun erklärte auch die russische Regierung sich 
bereit, nahm außerdem die AÄußerlichkeiten der Veranstaltung ebenso in die 
Hand wie vor der ersten Haager Konferenz. Im Frühjahr 1906 sandte die 
Petersburger Regierung den Entwurf eines Programmes für die abzu- 
haltende zweite Haager Konferenz an die Mächte. Dieses Programm er- 
streckte sich namentlich auf eine Anzahl von Problemen rechtlicher Natur, 
zumal des Seekrieges. Außerdem wies der russische Programmentwurf 
als Aufgabe für die Konferenz auf: Vervollkommnung der Bestimmungen, 
welche nach dem Beschlusse der ersten Konferenz zur Beilegung internatio- 
naler Streitfälle auf schiedogerichtlichem Wege dienen sollten. Als Neu- 
heit für das Programm der Konferenz kam die Absicht Großbritanniens 
hinzu, die Frage einer Einschränkung der Seerüstungen der Nächte auf 
der Konferenz zu behandeln. Oieses hatte die folgenden Gründe: In 
einem vorigen Kapitel wurde auf die militärische Bedeutung des Uber- 
ganges zu der sogenannten Oreadnoughtpolitik hingewiesen. Groß- 
britannien war damit vorangegangen und hatte damit ein ungewöhnlich 
hohes Maß an Kraftüberlegenheit seiner Flotte, den anderen Seemächten 
gegenüber, gewonnen. Der Name Oreadnought bedeutete in der Folge 
nicht nur den Namen für ein einziges Schiff, sondern wurde die Bezeich- 
nung für eine große Kategorie, ja für eine neue Epoche des Baues großer 
Kampfschiffe. Das militärisch und technisch Epochemachende an dem 
Typ lag vor allem in der Artilleriebestückung: während vorher die Be- 
stückung der englischen und der anderen Schlachtschiffe sich aus vier schweren 
Geschützen und einer Anzahl sogenannter halbschwerer, mittlerer und leich- 
ter Kaliber zusammensetzte, erhielt die Dreadnought zehn schwere Ge- 
schütze, also das Zweieinhalbfache des bisher üblichen Maßes, keine mitt- 
lere Artillerie und nur eine Anzahl ganz leichter Geschütze. Die Geschwin- 
digkeit des neuen Schiffes war ungewöhnlich hoch. Seine Größe, gemessen 
wie immer in den Kriegsflotten nach der Wasserverdrängung, übertraf 
infolge der gewaltigen Anforderungen der Artillerie und Geschwindigkeit 
an Raum und Gewicht die aller bieher gebauten Schlachtschiffe in Groß- 
britannien nicht unbeträchtlich, diejenigen anderer Marinen aber um ein 
sehr bedeutendes Maß. Abhnlich stand es mit den neuen sogenannten 
Dreadnoughtkreuzern (Schlachtkreuzern). Diese neuen Schiffsklassen ver- 
körperten durch ihre Artillerie und überlegene Geschwindigkeit die Vor- 
auesetzung zu jenem Programme des früheren Admiralitätsbeamten Mr. 
Lee: die britischen Kriegöschiffe müssen früher an der Küste des Gegners 
sein alo die Nachricht vom Beginn der Feindseligkeiten in den Zeitungen 
des gegnerischen Lande. Sie verkörperten das Prinzip des Angriffes, 
des überraschenden, vernichtenden „ersten Schlages“.
	        
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