Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Oie beiden Konferenzen: Algeciras und Haag. 303 
  
Erde ihre Spitze gegen Deutschland richtete und daß König Eduard mit 
diesen seinen geschickten und ausdauernden Bestrebungen der Stimmung 
des weitüberwiegenden Teiles der großbritannischen Bevölkerung ent- 
sprach. Gewiß, in Deutschland waren sich verhältniomäßig nur enge Kreise 
über diese Tatsache wirklich klar, nur wenige erkannten das wirkliche Wesen 
des britisch-deutschen Gegensatzes und die eigentlichen Wurzeln des eng- 
lischen Hasses. Deshalb glaubte man meist an Mißverständnisse und bil- 
dete sich treuherzig, wie der Vogel Strauß, ein, man brauche nur die Ge- 
fahr nicht zu sehen, damit sie nicht vorhanden sei. In der Rüstungefrage 
und den Haager Anregungen Großbritanniens jedoch erblickte man auch 
in den versöhnungetrunkenen deutschen Kreisen den Versuch, den vom 
Reichstage bewilligten Flottenplan zu verstümmeln und ihm gewisser- 
maßen das Rückgrat zu brechen. 
Herr Campbell-Bannerman erklärte gekränkt — acht Tage nach der 
Bülowschen Rede —, er wisse wohl, daß England in den bösen Verdacht 
geraten sei, Deutschland durch Aufwerfen der Abrüstungefrage in Ver- 
legenheit bringen zu wollen. Oieser Verdacht sei aber ganz unbegründet. 
England habe nichts weiter versucht, alo was andere Regierungen in mari- 
tim weniger günstiger Position auch versucht hätten. Mit diesen Eides- 
helfern meinte der Premierminister Spanien und die Bereinigten Staaten. 
Daß für ein Land wie Spanien jede allgemeine Berringerung der See- 
rüstungen nur erwüncscht sein konnte, lag auf der Hand — denn Spanien 
besaß keine Flotte. Die Bereinigten Staaten von Amerika aber würden 
trotz ihrer beträchtlichen Flotte auf einer Konferenz sich immer vorteil- 
haft haben stellen können, unter Betonung ihrer riesigen Küstenaus- 
dehnung und ihrer Lage an zwei Ozeanen. Gerade die Küstenausdehnung 
und die Insularität der Lage hatte man englischerseits zur Grundlage der 
Rüstungsverständigungen machen wollen, um das kontinentale, nur eine 
geringe Küstenausdehnung aufweisende Deutsche Reich maritim beson- 
ders stark einschränken zu können. 
Die Haager Konferenz trat Mitte Juli 1907 zusammen, das Deutsche 
Reich wurde durch den früheren Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 
und derzeitigen Botschafter in Konstantinopel, Freiherrn v. Marschall, 
vertreten. Den Vorsitz führte wie auf der ersten Konferenz der Vertreter 
Rußlands, dieses Mal der russische Botschafter zu Paris, Nelidow. Oie 
Weigerung des Deutschen Reiches, an einer Erörterung der Frage der 
Rüstungseinschränkung auf internationaler Grundlage teilzunehmen, hatte 
den Erfolg, eine solche Erörterung überhaupt zu vereiteln. Man fürchtete, daß 
sonst die Konferenz auseinandergebhen oder es zum offenen Streite kommen 
werde. Die Sache erledigte sich schließlich in der Form, daß der britische 
Vertreter Sir Edward Fry auf einer Plenarsitzung einen Bortrag über
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.