Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

318 3. Abschnitt. Vor und nach Algeciras. 1903—1908. 
  
laß zu diesem Besuche mag der Wunsch des Königs Eduard, der vom 
Unterstaatssekretär Hardinge begleitett wurde, gebildet haben, spanisches 
Mißtrauen der französischen Marokkopolitik gegenüber zu beseitigen. Das 
Vorgehen Frankreichs in Marokko hatte Beunruhigung und Mißtrauen er- 
regt. Bei der Autorität, die König Eduard in Spanien, besonders auch dem 
mit einer Engländerin verbeirateten Könige gegenüber genoß, war es ihm 
leicht, die spanischen Besorgnisse zu zerstreuen. Der Hauptzweck des eng-. 
lischen Besuches aber war nicht die Erörterung marokkanischer Sonder- 
fragen, sondern vielmehr: Spanien noch fester an Großbritannien anzu- 
schließen als bioher. Eben damals wurde zwischen den beiden Ländern 
eine Vereinbarung geschlossen, welche Großbritannien den Auftrag er- 
teilte, die Grundlagen für den Aufbau einer neuen spanischen Flotte zu 
schaffen. Dazu nahm Spanien eine Anleihe in Großbritannien auf, groß- 
britannische Seeoffiziere und Ingenieure wurden nach den spanischen 
Häfen- und Küstenbefestigungen entsandt, um dort die Arbeiten zu organi- 
sieren und zu leiten. Wie immer in solchen Fällen, war das Geschäft Groß- 
britanniens ein doppeltes, denn die spanischen Kriegsschiffe, Geschütze, 
Hafeneinrichtungen usw. wurden von großbritannischen Firmen hergestellt. 
So flossen nicht nur die Zinsen der Anleihe in britische Taschen, sondern 
auch nahm der größte Teil des Leihbetrages seinen Weg in die gleichen ge- 
räumigen Taschen wieder zurück. 
Spanien hatte seit den Marokkovereinbarungen mit Frankreich, wie 
zu erwarten war, seinen Platz eng an der Seite der Entente Cordiale bei- 
behalten. Wie gesagt, hatte aber das französische Vordringen in Marokko 
1907 Mißtrauen in Madrid erregt, und vielleicht — Beweise haben wir hier- 
für freilich nicht — dachten spanische Staatsmänner daran, sich an Deutsch- 
land einen gewissen Rückhalt gerade gelegentlich französischer Ubergriffe 
jener Art zu schaffen. Solche übrigens nahe genug liegenden Neigungen 
der spanischen Politik haben sich später, besonders nach dem Tode König 
Eduards, deutlich gezeigt. Sehr möglich ist also gewesen, daß man in Lon- 
don davon bereits 1907 Wind bekam und der königliche Besuch ihnen eben- 
so schnell den Garaus machte. 
Kurz nach der Zusammenkunft von Carthagena veröffentlichten die 
drei Regierungen ein englisch-spanisch-französisches Abkommen in Gestalt 
sogenannter identischer Noten, die Spanien mit Frankreich und Groß- 
britannien austauschte. Der Indalt war kurz der folgende: Oie drei 
Mächte verpflichteten sich zur Aufrechterhaltung des territorialen Status duo 
und der Rechte jeder von ihnen im Mittelländischen Meere und der Teile 
des Atlantischen Ozeanes, welche die Küsten und Inseln Europas und 
Afrikas bespülen. Sollten neue Umstände und Verhältnisse eintreten, die ge- 
eignet wären, eine Anderung des Status quco nötig zu machen, so wollten die
	        
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