Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Das russisch-britische Abkommen und andere Abkommen. 319 
  
drei Regierungen miteinander in Verbindung treten, um sich erforderlichen 
Falles über die — gemeinsam zu ergreifenden — Maßnahmen zu einigen. 
Der Anstoß zu diesem Abkommen wird von Großbritannien aus- 
gegangen sein, denn es mußte der britischen Politik als wichtig und nötig 
erscheinen, daß zwischen Frankreich und Spanien nicht nur kein Bruch er- 
folgte, sondern bei den Spaniern auch ein Gefühl der Sicherheit hinsichtlich 
Marokkos geschaffen wurde. Ourch dieses Abkommen erschien Groß- 
britannien in Madrid als der Garant der spanischen Vertragerechte und 
Vertragsansprüche in Marokko. Anderseits hatte Großbritannien damit 
eine Gewähr mehr dafür, daß zwischen Frankreich und Spanien keine ge- 
heimen Abkommen geschlossen wurden, welche vielleicht die marokkanische, 
dem britischen Gibraltar gegenüberliegende Nordküste betroffen hätten. 
Alles in allem schuf dieses Mittelmeerabkommen also einen noch feste- 
ren Zusammenhalt zwischen den drei Mächten ale bisher und befestigte 
die Gemeinsamkeit des politischen Bodens, auf dem sie miteinander standen. 
In Deutschland wirkte auch dieses Abkommen teils erregend, teils nieder-- 
drückend. Man sah in ihm, und mit Recht, eine konsequente und erfolg- 
reiche Fortsetzung der großbritannischen Einkreisungepolitik und eine neue 
Einbuße der europäischen Position des Deutschen Reiched. Oie öffentliche 
Meinung in Oeutschland ging freilich fehl in der Auffassung, daß die Be- 
teiligung Spaniens an dem Abkommen für Deutschland einen Schaden 
bedeute. Spanien war — wie sein damals der Offentlichkeit freilich un- 
bekanntes Geheimabkommen mit Frankreich über Marokko vom Jahre 
1904 und der ebenfalls geheime Notenwechsel mit England später zeigte 
— seit drei Jahren fest mit diesen beiden Mächten verbunden, auch daher 
schon seit Jahr und Tag dem Oeutschen Reiche politisch entfremdet. Ein 
positiv nachweisbarer Schaden war also in dem neuen Abkommen für das 
Deutsche Reich nicht unmittelbar vorhanden. Anderseits konnte, wie ge- 
sagt, über die Tendenz dieser Ententebildung kein Zweifel bestehen: 
England wollte und erreichte, daß die Mittelmeerstaaten unter britischer 
Kontrolle zusammengefaßt wurden und zusammenhielten. Darin mußte 
ohne weiteres eine Stärkung der großbritannischen Position und Politik 
liegen, denn die Möglichkeit von Reibungen, mit denen man auf diesem 
Gebiete hätte kämpfen müssen, fiel fort, es wurden aus früheren Reibunge- 
flächen Rückendeckungen und somit Erhöhungen großbritannischer #lktions- 
kraft nach der allein für sie in Betracht kommenden Richtung: gegen das 
Deutsche Reich. 
Von Carthagena begab sich der König von England nach den Küsten 
Italiens und traf zu Gaeta mit König Biktor Emanuel zusammen. Hier 
war ein neues Abkommen nicht nötig, denn es bestand, wie gezeigt worden 
ist, das britisch-französisch-italienische Abkommen über Mittelmeeran-
	        
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