Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Erster Abschnitt. 
Von Rußland zu Großbritannien. 
1887—1894. 
Nach zwei Fronten. 
Das Ende der achtziger und der Anfang der neunziger Zahre bildeten 
für die Politik des Deutschen Reiches eine ungewöhnlich schwierige 
Periode. Das würde sogar dann gelten, wenn man von dem Personen- 
wechsel Bismarck-Caprivi absehen wollte; — es versteht sich aber von 
selbst, daß dieser Personenwechsel im Vordergrunde bleibt. Oie Fest- 
stellung würde auch dann gelten, wenn auf Bismarck ein Staatsmann von 
höheren Fähigkeiten gefolgt wäre. Trotzdem ist es notwendig, gerade 
an die Spitze dieser geschichtlich-politischen Betrachtungen gewisser- 
maßen als Leitsatz zu stellen: der Ausgang der achtziger und der An- 
fang der neunziger Jahre bildeten für die Politik des Deutschen Reiches 
die schwierigste Periode seit dem Bestehen des Reiches. 
Noch heute wird das bekannte Wort des Grafen Schuwalow oft an- 
geführt, als Bismarck ihm von seinen Sorgen wegen europäischer, dem 
Deutschen Reiche gefährlicher Koalitionen gesprochen hatte. Schu- 
walow sagte: „Vous avez le cauchemar des coalitions“, Biomarck gibt in 
seinen „Gedanken und Erinnerungen“ dem Grafen Schuwalow recht: 
der Gedanke an gegnerische Koalitionen in Europa habe ihm damals 
tatsächlich schlaflose Nächte bereitet. 
Seit 1883 bestand der aDreibund und hatte seit seiner ersten Er- 
neuerung, 1887, an Festigkeit zugenommen. Da war nichts zu besorgen, 
solange man nicht mehr von dem Bunde erwartete und verlangte, als 
er leisten konnte; Biemarck hat von Italiens Bundesgenossenwert stets 
skeptisch gedacht. — Zwei andere politische und militärische Faktoren aber 
wuchsen von Jahr zu Jahr: die Macht Frankreichs und damit sein Ansehen 
in Europa, auf der andern Seite der russisch-deutsche Gegensatz; dieser 
nicht zum wenigsten infolge des deutsch-österreichisch-ungarischen Bündnisses. 
Daraus mußte sich folgerichtig ein Wachsen der russisch-französischen An- 
Grof Revenilow, Deutschlanbe auewärtigqe Politie. 1
	        
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