Vorwort zur neunten Auflage.
Wesentliche Anderungen oder Zusätze haben sich nicht als nötig
erwiesen. Das gilt mit einer Ausnahme. Ourch die Enthüllungen
der derzeitigen russischen Regierung wurde im Herbst 1917 bekannt, daß
der Deutsche Kaiser und der Zar während des Russisch-Japanischen Krieges
versucht haben, ein deutsch-russisches Bündnis zustande zu bringen. Die
Enthüllungen haben eine Reihe von Depeschen der beiden Monarchen in
die Offentlichkeit gebracht, aus denen diese Bestrebungen und auch manche
tatsächlichen Schritte klar hervorgehen. Anderseits gestatten die veröffent-
lichten Depeschen keineswegs, ein vollständiges Bild zu gewinnen und lassen
beinahe ganz die Tätigkeit der Staatsmänner, insbesondere des Deutschen
Reichskanzlers, im Dunkeln. Unter diesen Umständen habe ich nicht für
angezeigt gebalten, die durch die Depeschen der Monarchen bezeichneten,
aber nur zu einem Teile ersichtlichen Borgänge als abgeschlossen und
feststehend zu erzählen und zu behandeln. Wesentlich für diesen Entschluß
war auch die Tatsache, daß von seiten der deutschen Regierung gänzlich
von einer Bestätigung, auch von einer unbedingt notwendigen Ergänzung
der russischen Enthüllungen, abgesehen worden ist. Das gleiche gilt von
den seinerzeitigen italienischen Enthüllungen: die österreichisch-ungarische
Regierung habe im JZahre 1913 IStaliens Dreibundhilfe gegen Serbien in
Anspruch nehmen wollen und sei dabei auf Weigerung gestoßen. Oie Tat-
sache eines solchen oder ähnlichen Vorganges dürfte nicht zu bestreiten sein,
aber auch hier fehlt wieder eine Darstellung, Bestätigung oder Ergänzung
von seiten der Mittelmächte. In der schon in früheren Auflagen ange-
kündigten besonderen politischen Geschichte des Krieges werden diese
Verhältnisse und Fragen gleichwohl eingebend behandelt werden. Gleich-
zeitig darf hier gesagt werden, daß für das laufende Zahr das Erscheinen
der Vorgeschichte des Krieges nunmehr endlich in sichere Aussicht genommen
werden kann.
In der vorliegenden Neuauflage ist auch Abstand davon genommen
worden, die innere Vorgeschichte der Balkankriege neu zu bearbeiten. Die
gegebene Schilderung ist in den wesentlichen Punkten auch nach allem, was
inzwischen bekanntgeworden ist, als richtig anzusehen. Anderseits enthält
die innere Vorgeschichte des Balkankrieges noch immer eine Reibe unge-