selrecht, die Gesetzgebung für die Schiffahrt, die Gewerbegesetzgebung, die
Gerichtsbarkeit, das Bürgerliche Recht und das Versammlungsrecht.
Man kann im großen und ganzen nicht sagen, daß alle diese Punkte einen
anderen Gedanken ausdrückten als den des Willens zum Zusammenschluß
der Bundesstaaten und zu deutscher Vereinheitlichung. Ob die Forderungen
und Fragen für die damalige Zeit richtig gesehen waren, ist eine Frage, die
hier nicht zur Diskussion steht, wie zum Beispiel die der Entscheidung über
Krieg und Frieden, die man sich nicht, wie später im Bismarck-Reich, als
Sache des Kaisers dachte, sondern als die des Parlaments.
Wichtiger für unsere Beurteilung ist der Wille zum innerwirtschaft-
lichen Zusamrımnenschluß, der beinahe aus jedem der angeführten Punkte
mit Klarheit sichtbar ist. Das war der Wille und Geist des seit den. Befrei-
ungskriegen stärker und reicher gewordenen Bürgertums und, im Verein da-
mit, der Geist des damaligen Kapitalismus, die Wechselwirkung zwischen
dem Kapitalismus, und damit dem ganzen Kreditwesen, einerseits, und
andererseits der gewaltig zunehmenden Industrie.
Der Kapitalismus wurde, wie wir seitdem am eigenen Leibe erfahren
haben, eine schlimme Saat, weil von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr das
Volk, seine Arbeit und sein Boden in den Dienst der Geldmächte hinein-
gezwungen wurden. Damals aber hat er auch auf Vereinheitlichung und da-
mit aut Einigung gewirkt, zusammen mit den anderen genannten Faktoren.
Gleichzeitig, zunächst unmerklich, hat der Kapitalismus in Gestalt des
Klassenwesens und der von ihm beherrschten und verschärften sozialen
Frage von innen heraus jene Zersetzung bewirkt, die — nach dem Welt-
kriege — Volk und Reich endgültig zugrunde gerichtet haben würde, wenn
nicht im letzten Augenblick Adolf Hitler mit dem Nationalsozialismus ge-
kommen wäre. Er hat dann, ohne im geringsten das Kapital vernichten zu
wollen, dieses in den Dienst des eigenen Volkes als dessen Betriebskapital
gestellt, den Thron des Geldes zertrümmert und an seine Stelle den Thron
der Arbeit gesetzt. —
So endete die Frankfurter Nationalversammlung schmählich. Der Aus-
druck ist keine Übertreibung. Und doch erscheint sie uns, rückblickend, als
geschichtliches Ereignis weder lächerlich noch als ein verabscheuungswür-
diger Anschlag gegen die Heiligkeit der Legitimität, sondern als mißglückter
Versuch, der mit unzureichenden Mitteln und ohne realpolitischen Sinn den
großen deutschen Gedanken zur Verwirklichung bringen wollte.
Daran wird auch nichts geändert durch die nicht wenigen Elemente, die in
die Frankfurter Versammlung nicht hineingehörten und im Grunde ge-
nommen den kommunistischen Umsturz wollten. Aber die weit über-
wiegende Menge wollte die Einheit Deutschlands. Sie wollte die Einheit
103