Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Die Monarchie allein also, so zeigt das Beispiel von 1862, hätte die ihr 
grundsätzlich mit Recht nachgerühmte Stabilität der staatlichen Entwick- 
lung nicht geben können ja wäre möglicherweise selbst gestürzt wordenund 
für immer verschwunden, wenn nicht eben in diesem Augenblick der geniale 
und große Mann erkannt worden und gekommen wäre. Man hat ja in 
Deutschland allerhand Redewendungen: im richtigen Augenblick kämeeben 
der Mann, den die Situation erfordere. Nun, mit und unter KaiserWilhelm II. 
und vorher unter Friedrich Wilhelm IV. ist er nicht gekommen, und in 
beiden Fällen sehen wir, daß der Monarch nicht willens, nicht fähig war, ihn 
zu finden; ebenso war es bei Friedrich Wilhelm II. gewesen. Es ist mithin 
eine Tatsache, die sachlich nicht in Abrede gestellt werden könnte, daß die 
preußischen Könige bzw. deutschen Kaiser von Friedrich Wilhelm II. bis 
Wilhelm II. eines wirklichen Führers bedurften, um ihrem Volk und Land 
eine unabhängige und stabile Entwicklung zu gewährleisten. In einem Falle 
kam Jena, im zweiten das Unglück Metternich, im dritten 1848, im vierten 
1914 und 1918! 
Sobald in Deutschland also seit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts die 
Frage überhaupt aufgeworfen wurde: Monarchie oder nicht ?, waren nicht 
allein die einzelnen Monarchien und die einzelnen Monarchen bedroht, son- 
dern der monarchische Gedanke schlechthin. Diese Bedrohung der Franzö- 
sischen Revolution und der Freimaurerei allein in die Schuhe zu schieben, ist 
nicht richtig, besonders nicht für Deutschland, wie dargelegt wurde. Das 
Metternich-System aber beruhte auf der Voraussetzung, daß die Franzö- 
sische Revolution die einzige Ursache sei, und deswegen schon mußte eseines 
Tages zusammenbrechen und der Zusammenbruch entsprechenden Schaden 
anrichten. Erinnern wir uns ferner, wie die Politik Metternichs zugleich im 
österreichischen Sonderinteresse das Denkbare tat, um die Kräfte lahm- 
zuhalten, die den deutschen Nationalgedanken verwirklichen wollten, und 
sie als verbrecherisch zu stempeln. 
Trotz allem hat auch 1848 die Revolution in den deutschen Staaten nir- 
gends einen Landesfürsten verjagt, noch ernstlich den Willen dazu gehabt, 
abgesehen von jenen freimaurerisch-jüdischen Emissären, die nur einen sehr 
kleinen Teil — soweit sie überhaupt Deutsche waren — der Bevölkerung 
darstellten. Daß geistige Strömungen vorhanden waren, die als ihr Staats- 
ideal eine Republik hatten, und daß besonders sich die Jugend dafür be- 
geisterte, war nur natürlich. Auch Bismarck schreibt ja am Eingang seiner 
„Gedanken und Erinnerungen‘: er habe die Schule (mit siebzehn Jahren) 
verlassen als ‚„Pantheist und wenn nicht als Republikaner, so doch mit 
der Überzeugung, daß die Republik die vernünftigste Staatsform sei“. Von 
der Schule her habe er auch deutschnationale Eindrücke mitgebracht. 
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