Wahlrechts. Er hat es schließlich sogar als seinen größten Fehler bezeichnet
und noch zuletzt sich anheischig gemacht, es wieder zu beseitigen.
Es ist schwer und hat den Anschein der Anmaßlichkeit, dem Schöpfer des
Reichs hier einen Fehler vorzuwerfen, zumal er selbst die Einführung dieses
Wahlrechts als eine Maßnahme, dienotwendig war, um den großen Kampf
der sechziger Jahre gewinnen zu können, bezeichnet hat. Vielleicht war die
erste Periode des allgemeinen und gleichen Wahlrechts eine Notwendigkeit,
vielleicht ist eine Gelegenheit versäumt worden, es nach einer nicht langen
Reihe von Jahren abzuschaffen, vielleicht hielt Bismarck die Widerstände
dagegen für zu groß, solange nicht, wie nachher durch die Sozialdemokratie
und die Attentate der achtziger Jahre, eine Möglichkeit entstanden war ?
Wir erwähnen dies, um eine allzu schnell fertige Feststellung eines ‚Fehlers‘
bei dem größten Staatsmann seines Jahrhunderts zu erschweren.
*
Wie war es mit den Fürsten im neuen Reiche ?
Der Eingang der Verfassung des Deutschen Reiches lautete: ‚Seine Maje-
stät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes, Seine
Majestät der König von Bayern, Seine Majestät der König von Württem-
berg und Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen für die südlich
vom Main gelegenen Teile des Großherzogtums Hessen schließen einen
ewigen Bund zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben
gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volks.
Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen.
Das Präsidium des Bundes steht dem König von Preußen zu, der den
Namen Deutscher Kaiser führt.‘ (Im ersten Abschnitt dieser Schrift haben
wir gesehen, wie heftigen Widerstand König. Wilhelm von Preußen gegen
Annahme dieses Titels leistete, der ihm leer schien.)
Die Fürsten der Bundesstaaten behielten ebenso wie ihre Staaten ihre
Souveränität, denn es war ja ein Bund, dieses Deutsche Reich. Aber die
Souveränität war bis zu einem gewissen Grade nominell:
„Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des
Reichs Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere
Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu
empfangen. Zur Erklärung des Krieges im Namen des Reichs ist die Zu-
stimmung des Bundesrats erforderlich, es sei denn, daß ein Angriff auf
das Bundesgebiet oder dessen Küsten erfolgt.“
Der Bundesrat hatte aus Vertretern der Mitglieder des Bundes zu be-
stehen. Jeder Staat besaß eine bestimmte Stimmenzahl für die Abstim-
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