keiten zugleich aus ihren amtlichen Stellungen zu beseitigen, und so stießen
der preußische Staat und die katholische Kirche zusammen, der alte Streit
zwischen Kirche und Staat war wieder akut geworden. Der Kampf, welcher
Kulturkampf genannt worden ist, nahm seinen Anfang. Die Kirche hatte ihn
begonnen. Bismarck charakterisierte ihn in einer Rede im Preußischen Land-
tag: „Ich habe es von Hause aus als eine der ungeheuerlichsten Erschei-
nungen auf politischem Gebiet betrachtet, daß sich eine konfessionelle Frak-
tion in einer politischen Versammlung bildete. Ich habe die Bildung dieser
Fraktion nicht anders betrachten können als im Lichte einer Mobilmachung
gegen den Staat.‘ Und diese Mobilmachung ist geblieben, bis sechzig Jahre
später der Nationalsozialismus ihre Grundlagen in Deutschland vernichtete,
während das politisch-katholische Element selbst eines längeren Zeitraums
zum Verschwinden bedarf.
Es kommt nicht auf eine Schilderung des Kulturkampfes an, sondern auf
die Feststellung, daß der von Kirche und Jesuitenorden begonnene Kampf
nicht allein gegen das Reich und dessen zeitweilige Einrichtungen gerichtet,
sondern gegen den Gedanken eines nicht unter politisch-katholischer Füh-
rung verwirklichten Deutschen Reichs gegründet war, Reichsfeind von dem
Augenblick schon, als die Bildung der konfessionellen Organisation geplant
wurde.
Mit welchen Hindernissen und Gegnern Bismarck neben allen anderen noch
zu kämpfen hatte, geht, beiläufig, aus einer Bemerkung des Fürsten Hohen-
lohe hervor: ‚Die Kaiserin ist in einer steten Angst vor konfessionellen Strei-
tigkeiten. Als wenn das zu vermeiden wäre! Sie will nicht einsehen, daß die
Jesuiten den Kampf begonnen haben und dabei ihre Gegner zu passivem
Herhalten veranlassen möchten. Hier erkennt man die Gefahr nicht.‘
1872 war es derselbe katholische Fürst Hohenlohe, der als erster für ein
Jesuitengesetz auftrat und für ein solches die Grundsätze empfahl:
„Der Jesuitenorden und die mit ihm in Verbindung stehenden Orden sind
in Deutschland verboten. — Jeder Deutsche, der in den Jesuitenorden ein-
tritt, verliert dadurch sein Staatsbürgerrecht. — Kein Deutscher, der in
einer von Jesuiten geleiteten Lehranstalt gebildet worden ist, kann in
Deutschland in Staats- und Kirchendiensten angestellt werden.“
„Können wir ein Institut in unserer Mitte dulden, das uns die Grundlage
unserer Existenz unter den Füßen wegziehen will?“
In seinen ‚Gedanken und Erinnerungen“ spricht Bismarck mit Ver-
achtung von der politischen Unfähigkeit der Parlamentsfraktionen, nur die
Zentrumsfraktion nimmt er aus, ihre reichsfeindliche Politik sei keine un-
fähige gewesen! Das zeigte sich zum Beispiel, als das Zentrum aus partei-
taktischen und wirtschaftspolitischen Erwägungen 1879 Bismarcks neue
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