nalen Gedanken heraus von ihm geschaffene Deutsche Reich von der poli-
tischen Einmischung und Autorität der römischen Kirche zu befreien. Der
politisch-republikanische Menschheitsgedanke wiederum hatte nicht nur
nichts zu schaffen mit dem nationalen Gedanken und Staat, sondern war
dessen geschworener Gegner in Theorie und Praxis.
Alles in allem hat, in ihrer großen Mehrheit, die deutsche Bevölkerung, je
länger der Kulturkampf dauerte, ihn um so weniger verstanden. Der Gegner
wurden immer mehr, der Helfer wurden immer weniger, die Widerstände der
deutschen Höfe wuchsen, die breiten Massen — verhetzt durch die Par-
teien — verstanden von allem nur den Ruf: der gottlose Kanzler wolle die
christliche Religion beseitigen, nach den Katholiken würden die Evan-
gelischen an die Reihe. kommen. So wurde denn der Kampf auf dem Wege
friedlicher Verhandlung zwischen Bismarck und dem neuen Papst beigelegt,
das Ziel nicht erreicht, freilich ebensowenig das von allen Feinden Bismarcks
ersehnte ‚‚Uanossa‘.
Die Sozialdemokratie
Im Jahre 1869 wurde die ‚‚Sozialdemokratische Arbeiterpartei‘ gegründet
unter der Leitung von Wilhelm Liebknecht. 1875 vereinigten sich diese Partei
und die Reste des von Lassalle Anfang der sechziger Jahre begründeten
„Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins‘‘. Es entstand daraus die ‚Sozia-
listische Arbeiterpartei Deutschlands‘. Ihre Vertretung im Reichstage wuchs
von 1871 auf zwölf Mandate im Jahre 1877. Sie stand auf dem Boden des
Kommunistischen Manifestes von Marx. Hier einige Sätze daraus:
„Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu
verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden
durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen.
Mögen die herrschenden Klassen vor einer Reyolution zittern. — Die Prole-
tarıer haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu ge-
winnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!‘ — Vorher sagt Marx in
dem Manifest: ‚Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht
nehmen, was sie nicht haben. Indem das Proletariat sich zunächst die poli-
tische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als
Nation konstituieren muß, istesselbstverständlich noch national, wenn auch
keineswegs im Sinne der Bourgeoisie!‘“
Während der ersten Hälfte der sechziger Jahre noch hatten die Demo-
kraten, unter ihnen auch deutschgesinnte Persönlichkeiten, eine lebhafte
Propaganda in der Handarbeiterschaft entwickelt. Sie waren dabei ein-
gesponnen in die Theorien des Liberalismus und glaubten fest, daß man zum
134