lichen Angestellten bedeutete: wenn ihnen der Lohn nicht genüge, so möch-
ten sie nur auf die Straße gehen —, sagte in den siebziger Jahren in einer
Rede: ‚Überlegen Sie doch, was es heißt, wenn Arbeiter Häuschen und
Garten hätten: dann wären sie morgen Bourgeois!“
Der kapitalistisch, jüdisch geführte linke Liberalismus ist von Bismarck
einmal, Ende der achtziger Jahre, im Reichstag als ‚die Vorfrucht der
Sozialdemokratie‘ bezeichnet worden! Dies aus der Landwirtschaft ge-
nommene Bild will besagen, daß die Demokratie für den Marxismus den
Boden vorbereitet. Wir müssen rückschauend dieses Wort noch tiefer ver-
stehen, als er selbst es damals tat, denn Bismarck dachte dabei nicht an das
jüdische Element in Demokratie und Sozialdemokratie, das heute uns allen,
auch für jene Zeit, klar vor Augen liegt. Bismarck hatte dabei auch nicht den
Kapitalismus im Auge, dessen Entwicklung er, hauptsächlich mit dem Blick
auf die englischen Verhältnisse, beurteilte und für das neue Reich als not-
wendig ansah. Deshalb duldete er auch jene Souveränität des Privatkapita-
lismus in Deutschland, die sozial so unheilvolle Früchte gezeitigt hat. Hier
darf allgemein bemerkt werden: bei allem, was Bismarck tat oder ließ, stand
ihm der Gedanke als selbstverständlich im Hintergrunde: wenn er später
dies oder das alsreichsschädlich feststellen müsse, so werde er schon dieKraft,
Autorität und Rücksichtslosigkeit besitzen, um dem Übel abzuhelfen.
Die Juden hat er immer und mit klarem Bewußtsein — er selbst hatte
ihnen ja die vollen Staatsbürgerrechte gegeben — nur vom Gesichtspunkte
des Staatsbürgertums beurteilt. Er sah in ihnen nicht einen selbständigen
Faktor innerhalb des deutschen Volkslebens. Alles in allem war sein Stand-
punkt: die Juden sind jetzt Staatsbürger, und damit basta! Ob sie uns un-
sympathisch oder sympathisch sind, kommt nicht in Betracht!
Eisenmenger hat sein berühmtes Buch betitelt: ‚Entdecktes Judentum“.
Für das neunzehnte Jahrhundert und, in unserem Zusammenhange, für das
Zweite Reich trifft als Titelbezeichnung zu: Unentdecktes Judentum.
Und weil sein Wesen unerkannt war und blieb, abgesehen von wenigen ein-
zelnen Persönlichkeiten, so wurde das Judentum der gefährlichste der
Reichsfeinde. — Der Jude, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mächtiger werdend,
hatte seit dem ausgehenden Mittelalter an den Fürstenhöfen und in der Be-
völkerung sich als Fäulniskeim festgesetzt und konnte dann als solcher ohne
weiteres in das neue Reich übergehen. Da fand er für sich einen noch un-
gleich ergiebigeren Boden und wurde obendrein als Geldbringer und als
Nachverständiger in Finanzdingen begrüßt und verwendet. Man kann, bild-
lich, sagen, daß der Jude mit dem Jahre 1871 seinen Einzug in das Reich
durch das Brandenburger Tor gehalten hat. Die Juden sprachen, solange
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